Kann ein Notfallregister den Rettungsdienst entlasten?

(Bild: Markus Brändli)Nürnberg (DGAI) – Ob Herzinfarkt, Treppensturz oder beginnende Geburt: Dank gut organisierter Rettungsdienste bekommen Notfallpatienten in Deutschland in der Regel innerhalb weniger Minuten die passende Hilfe. Am „Deutschen Interdisziplinären Notfallmedizin-Kongress – DINK digital 2021“ nahmen am vergangenen Donnerstag und Freitag (04./05.03.2021) rund 1.000 Rettungsdienst-Fachkräfte vor den Bildschirmen teil.

Auch wenn die Einsatzzahlen durch die Pandemie in den vergangenen Monaten in vielen Regionen deutlich gesunken sind, müssen Notärzte und Rettungsdienst-Mitarbeiter aber immer noch in vielen Fällen helfen, in denen sie eigentlich nicht die richtigen Ansprechpartner sind. „Hier gibt es noch viele Schwachstellen auszubessern, mit allen verantwortlichen Partnern, von den Gemeindeverwaltungen über die Hausärzte bis hin zu den Krankenhäusern“, sagt Dr. Stephan Prückner, Direktor des Institutes für Notfallmedizin und Medizinmanagement an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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Zur Veranschaulichung der hohen Belastung nennt Dr. Prückner als Beispiel den etwas verwirrten, älteren Herrn, der sich daheim nicht mehr selbst versorgen kann und mehrmals pro Monat einen Rettungswagen ruft. „Manchmal fehlt es an Versorgung, manchmal am Hausarzt oder nur an einem offenen Ohr, das der Mensch braucht. Und häufig sind es dann die Rettungsdienste, die zum Schluss einspringen, weil sie rund um die Uhr über den Notruf 112 erreichbar sind“, so Prückner.

Durch ein Notfallregister, wie es in Bayern geplant ist, könnte man die Notfallversorgung besser messbar und steuerbar machen: Welcher Aufwand ist notwendig, um eine insgesamt gute Versorgung zu erreichen? Und wo laufen Entwicklungen falsch? Fast 30.000 Blaulicht-Einsätze bewältigen die deutschen Rettungsdienste täglich, mit Rettungswagen, Notarzteinsatzfahrzeug und Hubschrauber, in den Städten wie auf dem Land.

„Durch die Pandemie haben wir nach wie vor etwa 25 Prozent weniger Patienten“, bestätigt auch Dr. Jörg Brokmann, Mitglied des Organisationskomitees für den Notfallmedizin-Kongress und Leiter der Notaufnahme im Universitätsklinikum Aachen. Wenn die Patienten später dennoch kämen, sei ihr Zustand oft deutlich schlechter und der Aufwand, sie zu behandeln oder gar zu retten, wesentlich größer.

Um eine Entlastung für Rettungsdienste und Notaufnahmen herbeizuführen, setzt Brokmann auch auf eine stärkere Digitalisierung in der Notfallversorgung: Daten zu einem Notfallpatienten werden per Tablet vom Einsatzort direkt in die Notaufnahme übermittelt. So kann das Krankenhaus seine Reserven besser planen und einsetzen.

Neben vielen strukturellen Fragen und zahlreichen medizinischen Themen wie Schlaganfall, Kindernotfälle oder Herz-Lungen-Wiederbelebung standen auch die erweiterten Kompetenzen der Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter im Mittelpunkt. Durch einen zusätzlichen Paragrafen im entsprechenden Bundesgesetz haben sie ab jetzt – aufbauend auf die bisherige Praxis – mehr Sicherheit bei der Anwendung eigentlich ärztlicher Maßnahmen – vor allem, wenn gesundheitliche Schäden abgewendet werden müssen oder Lebensgefahr besteht.

„Leider gibt es in Deutschland immer noch Regionen, in denen Ärztliche Leiter keine sogenannten Standard-Arbeitsanweisungen für das Rettungsfachpersonal etabliert haben“, erläutert Bernhard Gliwitzky, Notfallsanitäter und Mitorganisator des DINK. In anderen Gebieten wie beispielsweise Rheinland-Pfalz hätten die Ärztlichen Leiter „ihre Hausaufgaben schon vor vielen Jahren gemacht“. Dementsprechend könnten die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter ihr Können dort auch ohne Probleme anwenden.

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