Rettungsdienst ist staatliche Aufgabe und medizinische Leistung

Leipzig (pm) – Notfall- und Intensivmediziner fordern auf dem diesjährigen DIVI-Kongress in Leipzig den Rettungsdienst als obligaten Teil des Gesundheitswesens und somit als staatliche Aufgabe anzuerkennen. Dazu gehört auch, beim Rettungsdienst die medizinische Versorgungsleistung in den Vordergrund zu stellen.

Jeder 8. Bundesbürger nimmt einmal im Jahr den Rettungsdienst in Anspruch. Bei 8,2 Millionen Einsätzen handelt es sich um akute Notfälle, die ein sofortiges Eingreifen mit medizinischer Hilfe erforderlich machen. Auch in diesen Fällen hat der Bundesbürger einen gesetzlich fixierten Anspruch auf eine hilfsfristorientierte qualifizierte notfallmedizinische Hilfe, die dem derzeitigen Stand des medizinischen Wissens und der Technik entspricht.

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Vor diesem Hintergrund treffen sich Notfall- und Intensivmediziner zur Fortbildung und zum Erfahrungsaustausch beim diesjährigen Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizinin (DIVI) in Leipzig. Eine Forderung der Rettungsmediziner ist die Anerkennung der Notfallrettung als medizinische Leistung, die bisher nur als eine reine Transportleistung eingestuft wird.

Ohne Frage ist der moderne Rettungsdienst obligater Teil des Gesundheitswesens und damit staatliche Aufgabe. Wenn heute über eine Reform des Gesundheitssystems gesprochen und auf politischer Bühne diskutiert wird, darf der Rettungsdienst nicht auf einem historischen Level (einladen – wegfahren) stehen bleiben. Eine Fokussierung auf den ausschließlichen Transport ist heute nicht mehr zu akzeptieren. In den staatlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuchs V (SGB V) ist der Rettungsdienst jedoch zu einer reinen Transportdienstleistung degradiert. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Notfall- und Intensivmedizin hat in den zurückliegenden Jahrzehnten eine Neuausrichtung der Aufgaben im der Notfallrettung stattgefunden. Im Mittelpunkt steht nicht mehr der Transport, sondern die medizinische Leistung, die zu nachweisbaren Erfolgen geführt hat.

Durch den Einsatz von Notärzten und Rettungsfachkräften kann das Outcome von Notfallpatienten deutlich verbessert werden. Gerade in der Notfallmedizin haben sich inzwischen Netzwerke (z.B. Herzinfarkt-, Trauma-, Schlaganfallnetzwerke) etabliert, wobei neben dem Rettungsdienst und der dort begonnen (Intensiv-)Therapie eine entscheidende Rolle zufällt. Der Anteil der Notfälle mit Notarztbeteiligung ist seit 1985 kontinuierlich gestiegen auf derzeit 2,85 Millionen Einsätze/Jahr. Dabei ist der Anteil der internistischen Notfälle auf 44,5% angestiegen, während Verkehrsunfälle gerade noch 5,4% ausmachen.

Die Forderungen an den Rettungsdienst werden im Sinne des Patienten immer größer; dem steht jedoch die sozialgesetzgeberische Geringschätzung gegenüber. Die Finanzierung wird im § 60 (SGB V) unter dem Aspekt der „Fahrtkosten“ geregelt, womit eine Erstattung der Kosten nur dann gewährleistet ist, wenn auch ein Abtransport des Patienten erfolgt. Gerade die qualifizierte notärztliche Versorgung kann im Einzelfall Kosten einsparen und den Patienten soweit stabilisieren, dass eine Krankenhauseinweisung nicht immer erforderlich ist.

Der Rettungsdienst ist kein Wirtschaftsbetrieb, der gewinnorientiert betrieben werden kann, betont der Sprecher der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin der DIVI Prof. Dr. med. Peter Sefrin (Würzburg). Er stellt vielmehr ein Instrument der öffentlichen Gefahrenabwehr und der Gesundheitsfürsorge dar. Forderungen nach Ausschreibungen sind nicht nur im Hinblick auf die Kontinuität der medizinischen Leistungen, sondern auch auf die Absicherung von Großschadenslagen und Katastrophen kontraproduktiv. Eine Kommunalisierung und Privatisierung des Rettungsdienstes wird gerade diesem Gesichtspunkt nicht gerecht. Die derzeitigen Durchführenden bieten mit ihren hauptamtlichen Personal und der Ergänzung durch die vielen Ehrenamtlichen eine wesentliche Sicherheit für den Schutz der Bürger im Notfall.

(Foto: AOK Bundesverband)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. “Rettungsdienst als obligaten Teil des Gesundheitswesens und somit als staatliche Aufgabe anzuerkennen”

    Sicherlich geht diese Meinung in die richtige Richtung, aber dann muss man auch ganz klar die Komunalisierung des RD forfern, wenn nicht sogar als Aufgabe der Bundesländer zu sehen. Weiterhin den Spagat mit den eigentlich auch privaten Hilfsorganisationen ist dann nicht konsequent. Allein irgendwelche unkundigen Komunalpolitiker an der Spitze der Verebände macht noch lange keine staatliche Organisation. Entsprechende negativ Beispiele finden sich immer mehr in den entsprechenden Bundesländern .

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  2. “darf der Rettungsdienst nicht auf einem historischen Level (einladen – wegfahren) stehen bleiben.”

    Ein etwas Moderneres Foto hätte man schon wählen können. Wenn sich die Quelle diese Fotos so die meinung über den RD bildet dann ist klar warum die Kostenträger den Fortschritt nicht wollen! Inhaltlich stimme ich der DIVI voll zu nur über die Rolle des RD Fachpersonal werden wir woll noch lange Streiten!

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  3. @Benny: Nun ja, das Foto stammt ja auch vom AOK-Bundesverband… 😉

    Sonnige Grüße aus dem Südwesten, wo es derzeit um mehr als nur Bestandssicherung im Rettungsdienst geht

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  4. Jaja – der Ruf nach dem Staat ist mal wieder nicht zu überhören. Gefahrenabwehr, hoheitlich….
    Ich habe da irgendwie ein unangenehmes Gefühl bei der Sache, nicht nur weil ich ein ‘”Betroffener” der nichtstaatlichen Seite bin. Vereinheitlichung, Verstaatlichung – Gleichschaltung. D.h. Hiorgs und Private weg – die roten Allround-Retter machen das dann schon irgendwie – aber auf jeden Fall total offiziell mit gefahrenabwehrenden Superblaulicht-Vollzugsrechten.
    Wer glaubt, dass das das Allheilmittel für den RD ist und dies die Innovation in diesem Bereich fördert, der glaubt wahrscheinlich auch das Zitronenfalter Zitronen falten. Der deutsche RD hat seine Innovationen der letzten Jahrzehnte duch die bestehende Vielfalt in diesem Metier entwickelt. Ich glaube nicht das eine staatliche “Monokultur” so viel in dieser Zeit voran gebracht hätte.
    Aber wenn schon verstaatlichen, dann bitte natürlich auch alle Notaufnahmen und Intensivstationen – dort wird ja auch Leben gerettet – wenn auch ohne Blaulicht 😉

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  5. Gut, demzufolge gehört auch die Feuerwehr ausgeschrieben, denn diese Monokultur.. und so weiter.

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  6. Wie lange müssen wir noch auf eine vernünftige Regelung warten. Denen die in dieser Sache Probleme sehen, seiwn gefragt – wer hindert die anderen Leistungserbringer (Hilfsorganisationen u.a.) daran mit den kommunalen Stellen (Feuerwehr) in eine Arbeitsgemeinschaft oder einen Zweckverband einzutreten? Dies funktioniert in vielen Grossstädten (Köln, Dusseldorf, Berlin usw.) ausgezeichnet. Auch hierbei steht der Teilnahme qualifizierter Ehrenamtlicher nichts im Wege ganz im Gegenteil diese und auch die Hauptamtlich Beschäftigten profitieren von einer Zusammenarbeit im besonderen im Hinblick auf die Einsätze bei VUs. Die entsprechenden Gesetze der Länder weisen heute bereits den Kreisen bzw. kreisfreien Städten die entsprechenden Kompetenzen zu. Im Sinne der Betroffenen sollte diese unselige Diskussion nicht auch noch im Bereich des RD und der Feuerwehren stattfinden, vielmehr müsste aus diesen Kreisen den zuständigen Politikern klar gemacht werden das Daseinsvorsorge für die Bevölkerung nicht zum Nulltarif zu haben ist.

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  7. Überleitung des Rettungsdienstes in die komunale Verantwortung:
    Zunächst sollten alle Leistungsträger eines Rettungsdienstbereiches in einen Rettungsdienstzweckverband zusammengeführt werden.
    Im Rhamen dieses Rettungsdienstzweckverbandes, sollten dann nach und nach Leistungen an den Rettungsdienstzweckverband komplett überführt werden. Mit diesem Modell wäre es zu schaffen, das private Unternehmer eine andere unternehmerische Aufgabe finden können und ihre rettungsdienstlichen Tätigkeiten abgewicket werden können. Hilfsorganisationen könnten über den Rettungsdienstzweckverband ihre Tätigkeit auf die Unterstützung des Rettungsdienstes und des Kat-Schutz verlagern. Der Krankentransport könnte in Überwachung durch den Zweckverband ausgeschrieben und durch Hilfsorganisationen oder private Leistungserbringer abgewicket werden. Die Kernleistungen, wie Notfallverlegungen, Intensivtransporte, Rettungsdienst mit ohne Notarzt sollten jedoch nur durch den quasi “staatlichen” Rettungsdienst durchgeführt werden.
    Eine Neu-Ordnung des Rettungsdienstes als hoheitliche staatliche Aufgabe im Sinne der Patienten und mit Stärkung des Fachpersonals unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten ist möglich.

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  8. Rettungsdienst ist hoheitliche Aufgabe und nichts anderes als Gefahrenabwehr. Das geht in die völlig richtige Richtung, ist weit mehr als obligat und ich würde mir für alle RD-Mitarbeiter nichts anderes wünschen. Aber eine dann notwendige Rekomunalisierung wird es aufgrund des mangelnden Etat des Staates nicht geben, dass ist utopisch. Ich denke das sich in den nächsten Jahren nicht viel ändern wird. Eine schon längst überfällige “3-Jahres-Ausbildung” sollte auch schon seit ewigkeiten eingeführt werden. Da tut sich nicht so schnell etwas, auch wenn ich es allen RA´s wünsche!

    Fröhliche Weihnachten

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  9. zu Jeff – ich stimme der Meinung vollinhaltlich zu, daß der RD kommunal sein sollte. Hier ist es aber doch nicht ausgeschlossen, das die HIOrgs in einem Zweckverband, Arbeitsgemeinschaft oder wie auch immer das Kind heisst, mitarbeiten. Dies funktioniert schon in vielen Bereichen in NRW – Bonn, Köln, Düsseldorf usw., auch in den Kreisen, die eie hoheitliche Aufgabe wahrnehmen funktioniert die Zusammenarbeit.
    Nun mal zu einem anderen Beitrag – als langjährig in der FF und BF tätiger verwehre ich mich gegen Bemerkungen wie die mit den roten Autos ….. als ob es einen Betroffenen interessiert zu welcher Organisation das Personal gehört Hauptsache die Hilfe ist fachlich und sachlich korrekt.

    Allen Diensthabenden wünsche ich jetzt schon ruhige Feiertage

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  10. macht Euch mal keine Gedanken….

    wie aus dem BMG durchesickert ist, haben sie dort dieses Thema endgültig beerdigt. Das wird so schnell nicht kommen.

    Tja, Herr Bahr. Dazu braucht es schon etwas Sachverstand und Durchsetzungskraft. Von beidem hat man Anfang 30 wohl nicht so viel, um ein Bundesministerium für 82 Mio. Menschen zu leiten.

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  11. Benny – sicher ist an deiner Aussage was wahres dran, aber warum soll denn das Ministerium tätig werden, wenn die Organisationen sich “bekriegen” und nicht in der Lage sind mit einer Stimme zu votieren. Fragt doch mal eure Abgeordneten vor Ort wer von diesen weiss wovon die Rede ist. Solange sich in den Gremien keine Fachleute befinden werden wir wohl keine Änderung erleben. Gleiches gilt auch für die dreijöhrige Ausbildung und die Möglichkeiten der RA in verschiedenen Bundesländern. Wie wir alle wissen, ist die “Verteilung” des RD in den Bundesländern teilweise durch historische Gründe entstanden, was aber nicht heissen darf, daß dies in Stein gemeisselt ist.

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  12. Der Rettungsdienst gehört verstaatlicht mit Beamtenverhältnis. In ganz Deutschland muss eine einheitliche Struktur herrschen. Die privaten Rettungsdienstunternehmen und Hilfsorganisationen sind Ausbeuter. Bei der Verstaatlichung vom Rettungsdienst sparen die Kommunen, sowie Kreise und kreisfreien Städte eine menge Geld ein, welches in anderen Bundesebenen gebraucht wird. Weiterhin verdrehen die privaten Rettungsdienste die Wahrheit, um die Monopolstellung zu wahren.

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  13. @Rudolf – ich bezweifle, dass die Verbeamtung die kostengünstigste Lösung darstellt. Wo Du aber recht hast, sind die Ausschreibungen. Die sollten nicht in dieser Art stattfinden. Mit einem verbindlichen Tarifvertrag oder Vorgaben bei der Entlohnung könnte das Dumping über den Lohn beendet werden.
    Zum Thema Beamtentum: Ein Verbeamtung erfolgt nicht automatisch, sprich die Aspiranten müssen die Vorgaben erfüllen. Will heißen: Beim Rettungsdienst müßten die selben Anforderungen an Körper und Geist gestellt werden, wie bei Polizei und Feuerwehr. Nun kann sich jeder mal im Internet oder anderen Medien die sportlichen Anforderungen ansehen und überlegen ob er dem gewachsen ist. Sollte er diese Hürde überstehen, kommt die körperliche Eingangsuntersuchung. Und spätestens hier dürften die meisten rausfallen, da Wirbelsäule und Kniegelenke die Schwachstellen des Menschen sind, die bei normaler Belastung schon ab 30 Jahren Abnutzungsspuren zeigen können, bei der Arbeit im Rettungsdienst ist die Wahrscheinlichkeit sogar noch größer. Kollegen, die schon mal wegen Rücken- und Knieproblemen oder wegen psychischer Schwierigkeiten in Behandlung waren, brauchen sich hier keine Hoffnungen zu machen. Diese würden dann als Angestellte parallel zu den “neuen” Beamtenkollegen laufen. Aufstiegschancen haben diese dann auch keine mehr, da ein Beamter nur von seinesgleichen Anweisungen bekommen darf.

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  14. @Der Münchner
    “Will heißen: Beim Rettungsdienst müßten die selben Anforderungen an Körper und Geist gestellt werden, wie bei Polizei und Feuerwehr.”

    Zumindest dieser Punkt wäre ja mal was positives.. also auch unabhängig von einer Verbeamtung.

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  15. @tangotango
    da gebe ich Dir recht.Vielleicht führen die Hiorgs Auswahlverfahren analog zu FW/Pol ein. Beim BRK München gibt es bspw. einen Bewerbertag, wobei hier die Auswahlkriterien (bisher) medizinischer Natur sind.

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