Mindestlohn für Rettungsfachkräfte?

Bonn (rd.de) – Nachdem das Bundeskabinett einen Mindestlohn in der Pflege von 7,50 Euro im Osten und 8,50 Euro im Westen festgelegt hat, stellt sich die Frage, ob ein Mindestlohn im Rettungsdienst nicht ebenfalls erforderlich wird.

Im Zeitalter der Ausschreibung rettungsdienstlicher Leistungen wird das wirtschaftlichste Angebot oft mit den geringsten Kosten gleichgesetzt. In der Folge sind die Gehälter von Rettungssanitätern und Rettungsassistenten immer stärker dem steigenden Preisdruck des Wettbewerbs ausgesetzt. In mancher Ausschreibung ist der Personalkostenansatz die einzig verbleibende Stellschraube, um ein erfolgreiches Gebot abzugeben.

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Die Gewerkschaft Verdi hält es für unabdingbar, dass – gerade auch wegen der zunehmenden Intensivierung des Wettbewerbs im Rettungsdienst über Vergabe – die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten abgesichert werden. „Nur so kann erreicht werden, dass es nicht zu einem Wettbewerb um die billigste Leistungserbringung, sondern um die beste Qualität kommt. Um dem Lohndumping zu begegnen, wäre für uns ein Branchenmindestlohn vorstellbar“, erklärt hierzu Marion Leonhardt von der Verdi-Bundesverwaltung, Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen. Mit den Arbeitgebern, so die Gewerkschaft, gäbe es bereits Gespräche, über eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarifvertrages die Arbeitsbedingungen zu sichern und gleiche Ausgangsbedingungen für alle Anbieter im Rettungsdienst zu schaffen. Schließlich ginge es auch darum, dem drohenden Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen.

Der Mindestlohn im Rettungsdienst stellt kein Allheilmittel dar, glaubt der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD). Obwohl es bereits Rettungsdienstler gibt, die mit kaum 1000 Euro netto zurechtkommen müssen, zahlen die großen Leistungserbringer heute deutlich mehr als den Pflegemindestlohn von 8,50 Euro brutto je Stunde. „Wir befürchten bei einem Mindestlohn, dass sich alle, insbesondere die Krankenkassen, dann strikt an den niedrigen Mindestlohn halten werden, was insgesamt zu einer Verschlechterung führen wird“, kommentiert Marco K. König, Vorsitzender des DBRD.

Ähnlich sieht man das Thema auch in Berlin beim Generalsekretariat des DRK: „Zwischen unserem DRK-Reformtarifvertrag und anderen Anbietern liegt eine Gehaltsspanne von etwa 300 bis 400 Euro brutto im Monat“, erklärt Björn Stahlhut, Sachgebietsleiter Bevölkerungsschutz und Rettungswesen im DRK-Generalsekretariat in Berlin. Demnach zahlen die etablierten Organisationen einem Rettungssanitäter ein Anfangsgehalt zwischen 11,49 und 10,56 Euro brutto pro Stunde.

Zwar sei der Mindestlohn ein Instrument, um eine Lohnpreisspirale nach unten aufzuhalten. Doch im Rahmen von Ausschreibungen drohe die Gefahr, dass kaum noch mehr als dieser Mindestlohn bezahlt werden könne. „Ich glaube, dass wir angesichts der demografischen Entwicklung mit immer weniger Schulabgängern in wenigen Jahren einen Fachkräftemangel haben werden“, befürchtet Stahlhut. „Hier muss das Berufsbild des Rettungsassistenten auch durch attraktive Verdienstmöglichkeiten überzeugen.“

(29.07.2010)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hier irren die beiden Herren von DRK und DBRD. Schon jetzt gibt es auch bei den “Großen” schon genug schwarze Schafe die z..B. einem Rettungshelfer als zweiten auf dem KTW einsetzen und diesem gerade mal 6,50€ die Stunde zahlen. Natürlich nur mit Mindesturlaubstagen ohne Weihnachts und Urlaubsgeld. Hier kommt natürlich kein Tarifvertrag zur Anwendung obwohl diese Hi-Org einen abgeschlossen hat.
    Daß sich der Herr vom DBRD auch dagegenstellt wundert mich mitlerweile auch nicht mehr da sich dort wohl viele Vertreter der “Gewerblichen” angeschlossen haben. Von diesem Verband hätte ich mehr erwartet.
    Die leidtragenden sind momentan die jungen Kollegen die sich erst mal im Billiglohnsektor befinden.

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  2. Ich denke, du hast die Aussage des DBRD nicht richtig verstanden, hanky123. Es wurde nicht in Abrede gestellt, dass es auch heute schon schlecht bezahlte Mitarbeiter im Rettungsdienst gibt. Die Aussage war, dass man durch die Einführung eines Mindestlohns im Rettungsdienst befürchtet, dass sich dadurch auch die heute noch gut bezahlenden Arbeitgeber sowie die Krankenkassen an diesem Mindestlohn orientieren und insgesamt schlechter bezahlt wird. Im Übrigen wäre es ratsam, sich mit der Arbeit des DBRD näher zu beschäftigen, bevor man irgendwelche Vermutungen in den Raum stellt.

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  3. Hallo med1, doch ich habe die Aussage sehr wohl verstanden. Das ist nämlich immer die gleiche. egal ob von CDU,FDP oder irgendwelchen Arbeitgeberverbänden, immer wird dieses Totschlagargument ins Felde geführt. Wen dem nämlich so wäre dann dürften sämtliche Tarifverträge aller Berufssparten obsolet sein, da ja immer nur maximal die Tariflöhne und Gehälter gezahlt würden. Das dem aber so nicht ist zeigen zahlreiche Unternehmen in der freien Wirtschaft der Vergangenheit und der Gegenwart die sehr wohl auch in diesen schwierigen Zeiten ihren Mitarbeitern noch “übertarifliche” Vergütungen zahlen.(z.B. Liqui Moli: IG Chemie beschließt Nullrunde, aber der Chef von Liqui Moli zahlt freiwillig 2,5% mehr, weil es sich das Unternehmen leisten kann.Und auch bei den Hi.Orgs gibt es auch positive Beispiele z.B. im Pflegebereich wo für examiniertes Personal bereits übertariflich bezahlt wird weil ein Fachkräftemangel besteht. ) Denn ein Mindest- oder Tariflohn ist kein Maximallohn sondern eben das absolute Minimum eines Lohnes.
    Und zum DBRD möchte ich an dieser stelle nur sagen daß nach dessen Gründung damals verlautbart wurde sich aus den Tarifparteien herauszuhalten. Ich bin dort nämlich auch Mitglied ebenso wie bei Verdi. Ich habe meine Ansicht zu dem Thema dem DBRD bereits mitgeteilt. Aber dennoch besten Dank für deinen Eintrag. Ich würde mir wünschen es würden sich mehr Kollegen an dieser wichtigen Diskussion beteiligen.

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  4. Hallo,
    mal abgesehen davon, dass es überall schwarze Schafe gibt und auch trotz Mindestlöhnen, geben wird, ist eines doch mal klar;
    Das bei einem Mindestlohn ein Rettungshelfer einem Rettungsassistenten am Ende in der Vergütung gleichgestellt wird, DARF NICHT SEIN!
    Schon heute ist die Differenz zwischen RS und RA von oft nur 0,60-0,80 Cent die Std ein WITZ! Wenn schon, muss eine deutliche Staffelung her!
    Man nehme die Durchschnittstariflöhne der RAs und setzte sie als Mindeslohn für RS fest, 2€ weniger für RH und 2 € mehr für RA und schon hat man 8€ ,10€ und 12€ Branchenlohn (+ Inflationsausgleich alle 2 Jahre) und dann kann uns die EU mit Ihrem Ausschreibungswahn weiterquälen.
    Ich persönlich halte Ausschreibungen im Rettungsdienst sowieso als Angriff auf die Menschenwürde; In der Not kommt der Billigste? Na vielen DANK!

    Kollegialer Gruß

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  5. Hallo gerry80,

    hier kann ich mich Deiner Meinung voll und ganz anschließen.

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  6. “zahlen die großen Leistungserbringer heute deutlich mehr als den Pflegemindestlohn von 8,50 Euro brutto je Stunde. „Wir befürchten bei einem Mindestlohn, dass sich alle, insbesondere die Krankenkassen, dann strikt an den niedrigen Mindestlohn halten werden, was insgesamt zu einer Verschlechterung führen wird“, kommentiert Marco K. König, Vorsitzender des DBRD.”

    interessant das grade der Herr vorsitzende so etwas sagt, dabei Arbeitet er doch bei einem “Großen Privaten”, welcher Stundenlöhne von gut einem Euro unter gefordertem Mindestlohn zahlt…
    da würde ich auch sehen das ich solche Aussagen treffe, um weitere Kosten für die Firma in der man Arbeitet (Teppichetage) zu vermeiden… Mindestlohn… dann müssten sie die leute ja richtig bezaheln…

    ich finde ein Mindestlohn muss her… aber nicht allgemein für Rettungsberufe, sondern gesondert für RH, RS und RA…

    beste Grüße

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  7. Verehrte Kollegen,

    bei allem nachvollziehbarem Engagement hier, aber ich unterstelle mal, dass die meisten Kommentatoren hier keine Erfahrungen in Sachen Verhandlungsführung mit Krankenkassen verfügen. Bisher ist bei uns der Tarifvertrag des DRK die Grundlage der Bewertung der Gehälter des Rettungsfachpersonals. So mancher Verhandlungsführer der Krankenkassen würde den Mindeslohn als eine Steilvorlage entgegennehmen und nur noch auf dieser Grundlage verhandeln. Auch die “bösen” Arbeitgeber können nur das Verteilen/Weitergeben, was sie auch für ihre Leistungen von den Kostenträgern bekommen, insbesondere bei uns in Baden-Württemberg, da wir planwirtschaftlich über Jahresbudgets haushalten müssen. also kein Mehrumsatz durch Mehrleistung – im Gegenteil. Um so mehr Einsätze, um so schlechter geht es dem Laden, weil die Kosten hochgehen und das Budget u.U erst nach Jahren nachgebessert wird.
    Wie alles heutzutage – nicht so einfach und undifferenziert zu betrachten.
    Eins ist klar: Gutes Fachpersonal wird man natürlich auch zukünftig u.a. nur über vernünftige Gehaltsstrukturen halten können.
    Zum DBRD: Hut ab – die Jungs machen auf allen Terrains eine gute Vorstellung und engagieren sich weit überdurchschnittlich (obwohl es Ihnen persönlich und den Unternehmen/Hiorgs bei denen sie arbeiten nichts bringt ausser Arbeit und Freizeitverlust ohne Ende). Hier ist jeder eingeladen sich mehr einzubringen und dadurch seine persönlichen Akzente zu setzen!!!

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  8. Hallo Kolleginnen und Kollegen,

    ich kann mich hier nur dem Kollegen Kraus anschließen. Wenn man als Grundlage für Ausschreibungen oder Vertragsverlängerungen einen Mindestlohn festsetzen würde, wäre dies absolut ein Tiefschlag für uns Retterinnen und Retter.
    Klar muss sein, das keiner unter ein Existenzminimum fällt (sprich: ich gebe als Anbieter einer Ausschreibung an, das ich mit 1,50Euro/Std pro MA meine Bewerbung abgebe), hier sollten Kommunen, Städte, Kreisfreie Städte etc… einen Mindeslohn als Bewerbungsgrundlage festlegen. Grundlage: durchschnittlich den Stundenlohn, der derzeit in dem jeweiligen RD-Bereich Gültig ist.

    Tarifverhandlungen: der DBRD mischt sich nicht in Tarifverhandlungen ein, er gab lediglich auf Anfrage zu diesem Thema ein Statemant ab. Dies ist auch kein einzel Ergebnis von einer Person sondern das von mehreren unabhängigen Personen, welches zu einer Aussage zusammengefasst worden ist.
    Die Damen und Herren im DBRD machen einen guten Job, macht weiter so…

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  9. 6,50€ ist um längen mehr als so mancher in anderen Arbeitsbereichen verdient.
    Schauen wir uns den Bereich des Krankentransportes an! Da sind Gehälter von unter 6 € keine Seltenheit.
    Rechnung 10 Stunden Anwesenheit auf der Arbeit minus 2,5 Stunden sind 7,5 Stunden mal 6 Euro durch 10 gleich Brutto 4,5 Euro. Gewerkschaft = null Betriebe zu klein.

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