Akkon-Hochschule unter Druck

Berlin (rd.de/27.09.2010) – Die Studenten der Akkon-Hochschule in Berlin sind enttäuscht. Ihr neues Studium „Emergency Practitioner“ droht ein Flop zu werden. Zu wenig Personal, Professoren, die innerhalb kürzester Zeit das Handtuch werfen, und gravierende organisatorische Mängel, machen ein effektives Studieren kaum mehr möglich.

Aller Anfang ist schwer, dachten sich die 24 Studenten der Akkon-Hochschule in Berlin, als am Anfang ihres Studiums zum Emergency Practitioner nicht alles gleich nach Plan lief. Nach zwei ernüchternden Semestern haben etliche Studenten nun aber die Reißleine gezogen.

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Ehemalige Studenten beklagen sich über eine schlechte Infrastruktur. Es fehlt an allen Enden: Es gibt keine brauchbare Bibliothek und zu wenig Lehrpersonal. Das angeblich berufsbegleitende Studium zum Emergency Practitioner verschlingt satte 60 Präsenztage pro Jahr, und die E-Learning-Plattform schleppte sich dank technischer Probleme ohne ausreichende Lehrinhalte über die Runden.

„Die ganze Hochschule ist sehr organisationslastig. Da haben die Johanniter einfach versucht, ihre Strukturen über eine Hochschule zu stülpen. Das ging schief“, kritisiert ein enttäuschter Ex-Student. Gerade einmal 7 von 60 erreichbaren Punkten ließen sich in zwei Semestern sammeln.

Hochschule geht so nicht

„Die Hochschule ist ein Nebenbei-Betrieb“, schimpft ein anderer Ehemaliger. „Etliche Mitarbeiter kommen oft aus den Reihen der Johanniter, sind aber im Grunde mit ihren anderweitigen Hauptaufgaben vollauf beschäftigt.“ Glaubt man den Studenten, kann selbst die Postanschrift nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Campus bislang eher virtueller Natur war: kein Vollzeit-Kanzler, wissenschaftliche Mitarbeiter, die die Studenten nur von der Homepage her kennen, Sekretariate mit Rufumleitungen ins ferne Münster und Ikea-Regale ohne fundierte Literaturauswahl.

Das Institut für Bildung, Beratung und Forschung im Sozial- und Gesundheitswesen, Pädea, zugleich Mitbegründer der Hochschule, zog sich aus dem Projekt zurück. Pädea-Chefin Dr. Margot Sieger war Gründungsdirektorin der Akkon-Hochschule und erste Professorin der Emergency Practitioner. Die Trennung erfolgte im Streit, der inzwischen vor Gericht ausgefochten wird. Entsprechend vorsichtig beschreibt die Pflegewissenschaftlerin auf Nachfrage, dass die verabredeten Ziele und das Niveau nicht eingehalten worden seien.

Neue Hoffnung keimte bei den Studenten auf, als Professor Dr. Harald Karutz den Studiengang übernahm. Er, so berichten die Studenten, überarbeitete die Lehrmodule und umging das nicht nutzbare E-Learning-Portal mit einer selbstgestrickten Forumslösung. Die Inhalte des Studiengangs wurden konkret, die künftigen Handlungsfelder des Rescue Practitioner sichtbar. Doch lange wehrte die Freude nicht. Er habe für seine Studenten keine ausreichende Perspektive gesehen, entschuldigt sich der Professor bei seinen Studenten. „Die Trennung verlief in gegenseitigem Einvernehmen“, lässt Dr. Harald Karutz wissen. Auch Lehrbeauftragte gingen bereits wieder von Bord. Fast scheint es, als müsse die Akkon-Hochschule zu jedem Semester bei Null beginnen.

Ein Warnschuss auf Akkon

„Die Akkon-Hochschule steht auf der Roten Liste“, erklärt Dr. Lilija Székessy von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung. „Die Hochschule muss belegen, die festgestellten Mängel abgestellt zu haben“, heißt es dort. Dafür steht nur ein enges Zeitfenster zur Verfügung. „Die Mängel müssen vor Beginn des kommenden Semesters beseitigt sein“, so Dr. Székessy. Noch glaubt man bei der Senatsverwaltung, dass die Akkon-Hochschule sowohl organisatorisch als auch finanziell den Forderungen fristgerecht nachkommen kann. Andernfalls erlischt die Zulassung und die Hochschule müsste geschlossen werden. „In einem solchen Fall würden wir zusammen mit der Hochschule versuchen, den Studenten einen alternativen Studienplatz anzubieten.“ Für einen so speziellen Studiengang sicher keine leichte Aufgabe.

Studenten, die mit Verweis auf die Studiensituation der Hochschule ihren Ausbildungsvertrag kündigten, hoffen nun auf eine Entschädigung: „Neben der Studiengebühr von 400 Euro pro Monat kommen noch die Reisekosten zu den Präsenztagen nach Berlin und Übernachtungskosten hinzu“, ärgert sich ein Student. Gut 10.000 Euro hätte er in die Ausbildung investiert, ohne dafür eine adäquate Gegenleistung erhalten zu haben.

Der Johanniter-Bundesverband räumt Versäumnisse bei der Akkon-Hochschule ein. JUH-Sprecherin Regina Villavicencio spricht dabei vor allem von verwaltungstechnischen Mängeln. „Die Hochschule hatte zu wenig Personal im Verwaltungsbereich.“ Konkreter auf die vom Senat gerügten Mängel angesprochen, ist zu erfahren, dass neben einem fest besetzten Studentensekretariat zwei neue Geschäftsführer eingestellt worden seien, ein neuer Professor für die Rescue Practitioner zur Verfügung stünde und ein weiterer wissenschaftlicher Mitarbeiter verpflichtet werden konnte. Auch die Probleme in der Ausstattung würden beseitigt. Regina Villavicencio ist sich sicher: „Die Auflagen des Senats werden wir somit erfüllen.“

Auch für die Studenten soll es ein Happyend geben: „Die Hochschule wird den Studenten, die ihren Ausbildungsvertrag gelöst haben, eine Entschädigung gewähren. Auch die verbleibenden Studenten werden entschädigt“, erklärten die Johanniter gegenüber www.rettungsdienst.de. Details hierzu seien noch Gegenstand der Beratungen.

(27.10.2010)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hauptsache mal was Neues, Hauptsache mal was elitäres-und dann schauen wir mal, wie wir das wuppen.

    Ist das nicht in vielen Dingen so?

    Große Sanitätsarenen in die keiner hinein darf-es könnte ja was kaputt gehen, Schulrettungswagen mit Kameraüberwachung-bitte nicht benutzen, schon gar nicht von “ganz normalen Schülern”!

    Schade, dass selbst “Studierende” so behandelt werden.

    Wobei ich mich eh frage, was man mit diesem Studium hinterher machen soll-aber schön englisch klingt es ja!

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  2. Ist der Artikel denn überhaupt noch aktuell? Es wird mit Informationen älteren Datums ein längst nicht mehr zutreffender Zustand beschrieben. Schade…

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  3. Der Beitrag gibt keinen Aufschluss über die Aktualität der Daten. Aber scheinbar sind sie wohl doch nicht so alt, denn der Johanniter-Bundesverband räumt ja offensichtlich diese Mängel immer noch ein, sonst wäre der Beitrag schon eher erschienen und nun, nach einem Jahr “Akkon-Hochschule”, eine Veröffentlichung mit den Verbesserungen in der Sache erschienen.
    Abgesehen davon braucht es zwar immer bei einem neuen Betrieb eine Anlaufzeit, aber nach einem Jahr sollte sich das Ganze schon so weit eingeschliffen haben, dass ein reibungsloser Betrieb möglich ist.
    Jedoch erscheint die angesprochene “Organisationslastigkeit” schon durch die Namensgebung der Hochschule nicht so ganz abwegig… Und was den Sinn und Zweck dieses Studiums bzw. der Nutzen, sprich dier Berufsperspektiven, daraus sein soll, ist mir trotz eines mal bestehenden Interesses an diesem Studiengang bis heute nicht plausibel (gemacht worden). Bevor man an eine Akademisierung von Rettungsdienst-Personal denken kann, müssen erstmal die Rahmenbedingungen dafür in Deutschland grundlegend geändert werden. Wie schwer, ja schon beinahe unmöglich das Ganze in diesem Land der Paragraphen- und Bürokratie-Lastigkeit ist, sieht man ja an der unendlichen Geschichte der RettAssG-Novellierung…

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  4. Der Artikel ist noch aktuell, bei Rettungsfachpersonal.de schreibt ein Ehemaliger über seine Erfahrungen: Die Hochschule soll wohl nun auf „Biegen und Brechen“ von der JUH – mit strengen Auflagen und unter Aufsicht des Berliner Senats weiter geführt werden.

    Ob das die Qualität ist die man für 400€ möchte, muss jeder für sich entscheiden. Ich habe mir die Rettungsdienststudiengänge angeschaut und mich dann gegen Akkon entschieden. Auch weil das Studium jetzt anders als beworben mehr 6Semester dauert. Wie soll an einer privaten Hochschule mit insgesamt weniger als 20 aktiven Studienreden, bei den massiven Problemen, Forschung und Lehre auf TOP-Niveau erfolgen?

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  5. Zur Info, der Studiengang ist nun richtig akkreditiert!
    siehe auch http://www.ahpgs.de

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  6. Falls es jemanden interessiert, ich schreibe in folgendem Blog recht regelmäßig über die Akkon. Die in diesem Beschrieben Artikel haben sich echt verbessert:
    http://www.weltwaerts-news.de/category/akkon-hochschule/

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