Reanimation: ja oder nein?

Shootong für RettMag , Thema Todesfeststellung, mit Gaby SchwarzBremen (rd_de) – Im Rettungsdienst stellt sich bei einer Reanimation häufig die Frage: Welchen Sinn macht die Fortführung der begonnenen Maßnahmen? Wann und unter welchen Voraussetzungen sollte eine Reanimation beendet werden?

Die Leitlinien des European Resuscitation Councils (ERC) empfehlen, dass nach Applikation einer Lyse noch eine Stunde und unterkühlte Patienten bis zur Wiedererwärmung weiter reanimiert werden sollten. Außerdem kann ein Reanimationsversuch bei über 20 Minuten persistierender Asystolie abgebrochen werden. Solange Kammerflimmern vorliegt, besteht aber prinzipiell Aussicht auf Erfolg.

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Außer diesen Empfehlungen gibt es keinen definierten Zeitrahmen für die Aufrechterhaltung einer Reanimation. Es lässt sich aber sagen, dass sie abgebrochen werden kann, wenn sich innerhalb von 30 bis 40 Minuten keine Lebenszeichen wie Hustenreflex, Spontanatmung oder Herzaktionen einstellen.

Schlechte Voraussetzungen für das Überleben liegen zudem vor, wenn der Kreislaufstillstand unbeobachtet war, keine Laienreanimation erfolgte und die Anfahrtszeit des Rettungsdienstes mehr als zwölf Minuten betrug.

Feststellung des Todes

Die Feststellung des Todes eines Menschen muss in Deutschland durch einen Arzt im Rahmen einer Leichenschau erfolgen. Die Rechtsgrundlage dazu ist in den Bestattungsgesetzen der Bundesländer verankert, unterscheidet sich also in einigen Details von Land zu Land.

Die Todesfeststellung setzt voraus, dass sichere Todeszeichen vorhanden sind. Diese sind:

  • Totenflecke (Livores),
  • Totenstarre und
  • Fäulnis.
  • In manchen Bundesländern zählen nicht mit dem Leben vereinbare Verletzungen wie die Dekapitation ebenfalls zu den sicheren Todeszeichen.
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Notärzte können sich auf das Ausstellen einer vorläufigen Todesbescheinigung beschränken. Symbolfoto: Markus Brändli

Wird eine Reanimation nicht aufgenommen bzw. abgebrochen, sollte ein zehnminütiges Ableiten eines Nulllinien-EKG erfolgen. Damit kann eine Vita reducta relativ sicher ausgeschlossen werden. Definitive Sicherheit liegt aber erst nach Ausprägung sicherer Todeszeichen vor.

Mitunter wird dem anrückenden Notarzt durch die Leitstelle oder die bereits vor Ort befindliche Besatzung eines Rettungswagens gemeldet: „Patient verstorben, Sicherheit vor Schnelligkeit.“ Dieses Vorgehen ist problematisch, wenn noch keine – ohnehin nur von einem Arzt festzustellenden – sicheren Todeszeichen vorliegen oder beispielsweise Toten- mit Kältestarre verwechselt wird. Eine folglich unterlassene, aber eigentlich gebotene Reanimation würde dann zumindest den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung nach Paragraph 323c Strafgesetzbuch erfüllen.

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Leichenschau

Die Veranlassung einer Leichenschau soll unverzüglich erfolgen und obliegt den Angehörigen, eventuell auch dem Haus- oder Wohnungseigentümer. Im öffentlichen Raum ist dafür in der Regel die Polizei zuständig.

Zur Durchführung der Leichenschau ist jeder approbierte Arzt berechtigt, so auch Notärzte. Sie haben außerhalb von Krankenhäusern die größte Routine bei einer Todesfeststellung, kennen jedoch im Gegensatz zu ihren niedergelassenen Kollegen meist die Krankengeschichte des Verstorbenen nicht.

Notärzte können sich auf das Ausstellen einer vorläufigen Todesbescheinigung beschränken, einer „abgespeckten“ Variante des Leichenschauscheins. Allerdings muss gesichert sein, dass ein weiterer (Haus-)Arzt die endgültige Leichenschau vornimmt.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt, Ltd. Notarzt Landkreis Unterallgäu; Symbolfotos: Markus Brändli; 26.01.2018) [1567]

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Leider fehlt in unseren Gesetzen die ethische Komponente. Und so werden auch weiterhin hochbetagte, multimorbide, schwerst pflegebedürftige Menschen “reanimiert”, bis ein (Not)Arzt dem Unsinn dann (hoffentlich) sofort ein Ende setzt.

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  2. nicht, wenn es eine patientenverfügung gibt, wo genau drinnen steht, wann eine rea nicht erfolgen soll.

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  3. Eine solche Entscheidung zu treffen steht jedoch rechtlich nur dem Notarzt zu. Gibt es eine Patientenverfügung, sollte der RD von den Angehörigen bzw. dem Pflegepersonal gar nicht erst gerufen werden. Ist er erst einmal ohne Notarzt vor Ort und trifft eine solche Entscheidung, macht er sich immer einer möglichen Unterlassung von Hilfeleistung schuldig. Der Notarzt kann jedoch im Zweifel die Lage “in Ruhe” sondieren während die Reanimation durchgeführt und dann ggf. abgebrochen wird.
    Daher gibt es bei einigen Trägen klare Dienstanweisungen die Reanimation immer zu beginnen.
    Ethisch bin ich jedoch voll bei Ihnen.

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  4. Woher weisst du bei einer alleinstehenden Dame ob sie eine Patientenverfügung hat? Hast du dann Zeit die zu suchen und zu lesen?

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  5. Rein rechtlich ist eine Patientenverfügung für den Rettungsdienst nicht bindend, da sie in der Kürze und Hektik des Einsatzes von niemanden als echt verifiziert werden kann.
    Somit MUSS rein rechtlich gesehen IMMER mit der Rea angefangen werden.
    Ethisch gesehen ist das für mich allerdings nicht tragbar!

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  6. Die dir aber auch nichts bringt weil du im Regelfall zu zweit am rtw bist und rea durchfühsrt, das lesen kostet Zeit und bindet dich, somit würdest du patientenschädigend handeln
    Des weiteren sind die meisten sehr ungenau geschrieben oder du brauchst schon wieder einen Anwalt der dir des ganze ausdeutscht

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  7. Rein rechtlich ist es möglich ein sog. Notfallblatt das nur 1 Seite ist demonstrativ auf dem Nachtischchen zu plazieren, auf dem mit einem Blick erkennbar wird, das eine Rea. abgelehnt wird, die restlichen Seiten der Pat. Verfügung-Beztreunungsverfügung können dann in Ruhe evt. später durchgelesen werden vom Arzt. Aber ich als Krankenpfleger in der ambulanten Pflege würde den Hauarzt oder den ärztt. Bereitschaftdienst informieren um “un-ethische” Rea´s zu vermeiden. allerdings meine letzte war primär erfolgreich, > Hausnotruf bei Asthma> Asystolie, die Pat. verfügung fand sich erst durch die Tochter nach 5 Tagen….

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  8. Genauso sehe ich das auch. Bin am überlegen mir das” Ich möchte keine Reanimation” in Brusthöhe zu tätowieren, aber ob das respektiert wird sei noch dahin gestellt. Das Krankenhaus kann ja noch Kohle mit mir verdienen.

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  9. Da bei der Tätowierung unklar ist ob dieser Wunsch noch aktuell ist würdest du wahrscheinlich trotzdem reanimiert werden. Wünsche und Einstellungen können sich im Lebensverlauf ändern.
    Patienten Verfügungen und Vorsorge Vollmachten sollten auch in regelmäßigen Abständen mit aktuellem Datum erneut unterschrieben werden. Ggf. Müsstest du dir genau so regelmäßig ein Datum darunter tätowieren lassen.

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  10. Hallo zusammen!
    Könnt ihr mir sagen, wie ich es rechtsverbindlich handhabe, dass ich nicht reanimiert werde, wenn ich z.B. bei einem Autounfall in die Situation komme? Ich habe eine Patientenverfügung, doch trage ich die nicht immer bei mir.
    Würde z.B. ein Medaillon um den Hals, auf dem 112 eingraviert ist und in dem sich ein kleiner Zettel befindet mit der Aufschrift “Bitte KEINE Reanimation” Danke” mit Datum und Unterschrift Gültigkeit finden? Und wenn ich dazu in das Medaillon eine Micro-SD-Karte mit meiner digitalisierten Patientenverfügung + Ort, wo das Original zu finden ist, dazu lege?
    Ich möchte ja auch nicht, dass der Rettungsdienst Probleme bekommt. Gleichzeitig gruselt mich die Vorstellung, ev. noch für Monate intubiert/beatmet auf der ITS zu liegen und mit schweren Hirnschäden weiter existieren zu müssen.
    Würde mich freuen, wenn jemand von euch etwas dazu weiß und mir schreibt!
    Danke!
    Elisabeth

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