PSNV für Rettungsfachkräfte: eine Todesnachricht überbringen

Bremen (rd_de) – Der Tod eines jungen Menschen birgt immer eine besondere Tragik in sich. Notärzte, Rettungsfachkräfte und Mitarbeiter von PSNV-Teams müssen deshalb wissen, wie sie eine Todesnachricht überbringen, wenn ein Kind verstorben ist. Was es zu berücksichtigen und vermeiden gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Der Tod eines jungen Menschen hinterlässt die Hinterbliebenen, aber auch die Helfer hilflos und oft sprachlos. Kommt die Nachricht, dass das eigene Kind von einem Unfall oder einem „Großschadensereignis“ betroffen sein könnte, konzentrieren sich die Familien meist auf wenige wichtige Fragen:

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•    Lebt mein Kind?
•    Ist es verletzt und wenn ja, wie schwer?

Die Angehörigen brauchen dann möglichst rasch genaue, sachliche Informationen über das Geschehen. Wer eine Todesnachricht überbringen muss, sollte die Information so schnell und deutlich wie möglich mitteilen.

Hinterbliebene sind auch unter Schock in der Regel klar im Denken und Aufnehmen. Sie wissen, was sie wollen, und spüren instinktiv, wie viel sie verkraften können. In dieser ohnehin traumatischen Situation wird ihre Hilflosigkeit verstärkt, wenn wohlmeinende Helfer sie entmündigen und ihnen vorschreiben, was zu tun ist oder wie sie sich zu verhalten haben.

Die meisten Eltern haben zunächst nur einen Wunsch: das Kind so schnell wie möglich zu sehen, es vielleicht in den Arm zu nehmen, einfach bei ihm zu sein. Diese Möglichkeit sollte jeder Hinterbliebene sobald als möglich haben, auch wenn der Verstorbene schwer verletzt ist. Es gibt hier nur wenige Ausnahmen, zum Beispiel Brandopfer.

Genauso ist zu respektieren, wenn die Angehörigen es sich nicht zutrauen, den Toten nochmals anzuschauen. Der Begleitende kann Hilfsangebote machen. Beispiel: „Ich begleite Sie, damit Sie nicht alleine sind.“ Er sollte aber keinesfalls einen klar geäußerten Wunsch beeinflussen.

Die meisten wissen, dass es keine lindernden Worte für Eltern gibt, deren Kind gerade gestorben ist. Trotzdem kann das Verlangen, etwas Tröstliches sagen zu wollen, übermächtig werden, schon allein um das schreckliche Schweigen zu brechen. Doch in der akuten Situation gibt es keine Worte des Trostes, die gut tun. Sie helfen lediglich dem Begleiter in seiner eigenen Hilflosigkeit.

Todesnachricht überbringen – das ist zu berücksichtigen:

•    Informieren Sie die Angehörigen so schnell wie möglich.
•    Sprechen Sie klar und deutlich. Wiederholen Sie die Information, falls notwendig. Versuchen Sie, behutsam Blickkontakt herzustellen.
•    Sagen Sie die Wahrheit, auch wenn sie schwer ist und es Ihnen schwerfällt.
•    Nennen Sie den Verstorbenen beim Namen, denn er ist als Person präsent.
•    Geben Sie den Hinterbliebenen die Möglichkeit, den Verstorbenen anzusehen.
•    Versuchen Sie genau hinzuhören und zu spüren, was die Trauernden/Traumatisierten brauchen und wollen.
•    Denken Sie an praktische Hilfsangebote, delegieren Sie wenn möglich.
•    Vergessen Sie nie, die Geschwisterkinder mit zu betreuen.
•    Achten Sie die Grenzen der Betroffenen.
•    Achten Sie auf Ihre eigenen Grenzen und holen Sie sich Hilfe, wenn Sie diese brauchen.

Todesnachricht überbringen – das ist zu vermeiden:

•    Vermeiden Sie leere Worte und falsche Tröstungsversuche.
•    Bestimmen Sie nicht, was für die Trauernden/Traumatisierten gut ist, denn Sie wissen es nicht.
•    Vermeiden Sie das Wort „müssen“.
•    Vermeiden Sie jede Form von Schuldzuweisung.
•    Urteilen Sie nie über Reaktionen oder Verhaltensweisen der Hinterbliebenen.
•    Verfallen Sie nicht aus Hilflosigkeit in Aktionismus.
•    Überlassen Sie die Angehörigen nach der traumatischen Situation nicht sich selbst, sondern sorgen Sie für ein stabilisierendes Umfeld.
•    Lassen Sie nicht bei Betroffenen das Gefühl entstehen, abgeschoben und abgewiesen zu werden.
•    Vermeiden Sie scheinbare Hektik, schauen Sie nicht auf die Uhr.
•    Vermeiden Sie eine allzu starke Identifikation mit den Hinterbliebenen, indem Sie Ihre Aufgabe abschließen.

Text: Hanne Shah, 1. Vorsitzende des Arbeitskreises trauernde Eltern und Geschwister in Baden-Württemberg (ATEG-BW ist Regionalstelle von VEID/Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland); Beate Bahnert, Pressesprecherin des Bundesverbandes Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 03.04.2018 [2831]

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Da gibt es nichts hinzuzufügen. Immer wieder mal gut dies zu lesen.
    Volker
    KIT Sächsische Schweiz

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  2. Hallo in die Runde,

    ist es aber Kraft Amtes / Gesetz nicht so das Polizeibeamte die Todesnachricht überbringen? Und nach dieser Tätigkeit dann das KIT / die Notfallseelsorge / die PSNV bei den Hinterbliebenen etc. verbleibt, nach dem Motto der die schlimme Nachricht überbringt kann dann nicht auch der Tröster sein?

    Beste Grüsse,

    Andreas

    Auf diesen Kommentar antworten
  3. ich kann als Notfalseelsorger nur davor warnen, anhand dieser, wenn auch sehr gut dargestellten “Anleitung” Todesnachrichten zu überbringen. Es ist weder uns NSS noch den PSNVlern oder den KIT Mitgliedern erlaubt in Selbstständigkeit dies zu tun.

    Grundsätzlich ist das Überbringen solcher Nachrichten Sache der Polizei, die das natütlich deligieren kann, aber dabei sein muss!.

    Ich warne auch davor das alles, ohne eine fundamentierte und gesicherte Ausbildung zu tun. Wir in der Notfallseelsorge und der PSNV sind ausgebildet (…dauert ca. 2 Jahre) und nehmen regelmässig an Weiterbildungen und Reflexionen teil. Also bitte, Finger weg und überlasst das uns vom Fachdienst.

    Ihr zerschlagt sehr viel Porzelan wenn ihr aus freien Stücken “einfach mal so” diesen Dienst übernehmt. Die posttraumatische Störung im Anschluß ist ohne Erfahrung in diesem “Job” vorprogrammiert. Ich bin jetzt mehr als 8 Jahre dabei und weiß wie schwer dieser Dienst ist…

    Gerhard Fransziskus Nowacki
    Malteser Hilfsdienst Waldalgesheim
    Leiter SEG Betreuung, Notfallseelsorger, Rettungssanitäter

    Auf diesen Kommentar antworten
  4. Hallo Herr Nowacki,
    vielen Dank für Ihre Ergänzunen bzw. Erläuterungen. Jetzt hoffen wir mal, dass diese auch berücksichtigt werden.
    Gerade im Bereich der PSNV ist eine fundierte Ausbildung unverzichtbar. Leider gibt es immer noch zu viele Kräfte, die sich maßlos überschätzen und dabei reichlich Schäden anrichten und das in den Bereichen der PSNV-B sowie PSNV- E

    Herzlichen Gruß
    G. Pietz

    Auf diesen Kommentar antworten
  5. Hallo Herr Nowacki,
    Sie haben das völlig richtig dargestellt und ich kann nur dringend empfehlen, so zu verfahren.
    Dr. Hermann Westendarp
    Facharzt für Neurologie und
    Psychiatrie, Psychotherapie,
    Rettungsmedizin
    Suchtmedizinische Grundversorgung
    Verkehrsmedizinische Begutachtung

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  6. Stimme Gerhard Nowacki und Folgenden voll zu!
    Weiß selbst aus Ausbildung und Einsatz-Erfahrung,
    wie wichtig die “Aufgabenteilung” zwischen Polizei und NFS/PSNV ist.
    Wünsche allen Ausführenden viel Kraft!
    Horst Harnau
    Fachberater PSNV
    Johanniter-Unfall-Hilfe
    Regionalverband Südniedersachsen

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  7. Ich war mein Leben lang beruflich Kinder und Jugendpschyologe. Paralleldazu war ich über 40 Jahre ehrenamtlich als Rettungsassistent tätig. Zusätzlich habe ich vor 10 Jahren den psychologischen Krisendienst für die Stadt Trier und den Landkreis Trier -Saarburg mitgegründet.
    http://www.psychosozialerkrisendienst-regiontrier.de/
    Wir werden oft von der Polizei zu Suizidalen Notfällen herangezogen um den Suizid zu Vermeiden. Allein das ist schon eine sehr große Anstrengung und Belastung. Zudem stehen wir der Polizei fast immer zur Seite, wenn Todesnachrichten Überbracht werden müssen. Auch wenn es immer die Aufgabe der Polizei ist diese Mitteilungen ausführen zu müssen sind diese froh mit uns, wenn wir sie dabei unterstützen. Mittlerweile erreichen uns Anrufe aus ganz Deutschland obwohl wir keine Konkurrenz zur Telefonseelsorge hinstellen. Auch ich stelle mich hinter die Gedanken von Herrn Gerhard Franziskus Nowacki. Es ist beileibe keine leichte Aufgabe, wenn man obiges durchgelesen hat und glaubt dann über den Dingen zu stehen. Auch ich sage das man hier wirklich unbedacht vieles unerträgliche was geschehen ist noch einen draufsetzt. Die Betroffenen Menschen sind in diesen Momenten hellwachwach und reagieren sehr sensibel. Ein falsches Wort, eine gestellte Mimik die nicht zu der Situation passt wird alles vorher Gesprochene als unangepasst bewertet. Es gibt Momente wo auch nicht mehr weiter weiß. Dann ist auch angebracht jemanden in den Arm zu nehmen, mit ihm oder Ihr zu schweigen, ja auch zusammen Tränen vergießen stellt dann eine große Nähe zu den Betroffenen hin,

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  8. Ok, ich lese den text so das er eine Hilfestellung für Rettungsdienst Kollegen sein soll die im einsatz merken, das Kind ist tot
    sollen die. jetzt solange reanimieren bis sie Superheld da sind und den benzko machen ?

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