Grand mal-Anfall: Ursachen und Symptome

Grand mal AnfallBremen (rd_de) – Ist von einem epileptischen Krampfanfall die Rede, wird dieser Begriff häufig unscharf verwendet. Er hält als genereller Sammelbegriff für einen zerebralen Krampfanfall her. Als klassischer Krampfanfall gilt für viele der Grand mal-Anfall.

Typischerweise stellen solche Anfälle meist unwillkürliche „Zuckungen“ oder „Krämpfe“ des gesamten Körpers oder verschiedener Körperregionen dar. Insofern wird hier zwischen generalisierten und fokalen Krampfanfällen unterschieden. Diese werden durch gleichzeitige Erregung vieler verschiedener Nervengruppen im Gehirn, mit daraus resultierenden unwillkürlichen Entäußerungen ausgelöst. Sie können mit und ohne Bewusstseinsverlust einhergehen.

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Eine Unterscheidung wird hierbei auch zwischen dem Grand mal-Anfall und dem Petit mal-Anfall getroffen. Die Einteilung der Anfälle kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen; also zum Beispiel tonisch oder klonisch, generalisiert oder fokal.

Grand mal: Phasen des Anfalls

Der so genannte Grand mal-Anfall oder auch tonisch-klonischer Krampfanfall genannt, läuft typischerweise in mehreren Phasen ab. Manche Patienten haben eine gewisse unspezifische Vorahnung, die jedoch meist nicht genauer definiert werden kann und unterschiedlich lange dauert. Mediziner sprechen in solch einem Fall von einer Aura. Eine Aura ist aber nicht zwingend Bestandteil eines zerebralen Krampfanfalles.

Mehr zum Grand mal-Anfall und Status epilepticus in unserem eDossier „Zerebraler Krampfanfall“, das hier heruntergeladen werden kann.

Die nächste Phase geht mit Bewusstlosigkeit und plötzlich eintretenden Versteifungen aller Muskeln einher. Dies ist die tonische Phase des Anfalls, die in der Regel sehr kurz dauert. In dieser Phase kommt es durch die plötzliche Muskelversteifung – kombiniert mit dem Bewusstseinsverlust – häufig zu Stürzen mit teils schweren Begleitverletzungen. Letztere treten auf, da sämtliche Abwehr- oder Abstützreaktionen beim Sturz fehlen. In diesem Teil des Krampfanfalls entsteht auch der typische Zungenbiss. Häufig geben die Patienten einen so genannten „Initialschrei“ von sich.

Anschließend geht der Anfall in die klonische Phase über, die mehrere Minuten dauern kann. Selten hält sie länger als drei Minuten an. Hier entstehen durch die abwechselnde Kontraktion und Entspannung verschiedener Muskelgruppen die typischen Zuckungen.

Da die zur geordneten In- und Exspiration erforderliche Muskulatur ebenfalls dieser unkontrollierbaren Muskelarbeit ausgesetzt ist, erfolgt auch keine suffiziente Atmung. Die Folge ist eine teils ausgeprägte Zyanose. Zusätzlich zeigt sich vielfach ein starkes Speicheln, was sich als „Schaum vor dem Mund“ darstellt.

Im Anschluss daran tritt die postiktale Phase (Erholungsphase) ein. Hier befindet sich der Patient in einem bis zu Stunden dauernden sehr tiefen Schlaf. Bis die volle Orientierung wieder zurückkehrt, dauert es unterschiedlich lange. Diese Erholungsphase ist Ausdruck des enormen Energieverlustes in erster Linie des Gehirns, aber auch der Muskulatur. Neben Kopfschmerzen und Schmerzen aufgrund eines möglichen Zungenbisses leiden die Patienten häufig auch unter einem stark ausgeprägten Muskelkater.

Status epilepticus kann lebensbedrohlich sein

Der Großteil der zerebralen Krampfanfälle klingt von allein ab. Besteht der Anfall jedoch fort oder kommt es in kurzer Zeit zu immer wieder auftretenden Anfällen, liegt ein Status epilepticus vor. Dieser kann durchaus lebensbedrohlich sein und bedarf der umgehenden medikamentösen Therapie.

Neben den teils schweren Sturzverletzungen liegt die potentielle vitale Bedrohung vor allem an dem möglichen Übergreifen der neuronalen Übererregbarkeit auf das Stammhirn. Hier befinden sich das Atem- und das Kreislaufzentrum.

Im klinischen Alltag hat sich eine pragmatische Definition des Status epilepticus durchgesetzt: Mediziner sprechen im Allgemeinen von einem solchen generalisierten tonisch-klonischen Anfallsstatus, wenn er länger als fünf Minuten dauert oder mehrere Sequenzen ohne vollständige Erholung in Folge auftreten. Handelt es sich um einen fokalen Anfall oder eine Abscence, wird ab einer Dauer von 20 bis 30 Minuten von einem Status epilepticus gesprochen.

Epilepsie: Erste-Hilfe-Maßnahmen

Sollte der Patient beim Eintreffen des Rettungsdienstes noch krampfen, ist möglichst schnell ein venöser Zugang zu legen. Durch diese Behandlung kann der Anfall medikamentös durchbrochen werden.

Erfahrungsgemäß gestaltet sich die Venenpunktion jedoch in genau diesen Fällen ausgesprochen schwierig. Deshalb gilt: Sollte die zeitnahe Punktion einer peripheren Vene nicht gelingen, darf auch vor einem intraossären Zugang nicht zurückgeschreckt werden. Über diesen können die antikonvulsiven Medikamente analog der intravenösen Dosierung verabreicht werden.

Allerdings stehen auch weniger invasive Wege der Medikamentenapplikation zur Verfügung. Mittlerweile gut etabliert ist die nasale Applikation zum Beispiel von Midazolam über einen Zerstäuber (Vorsicht, Off Label Use!). Tavor kann sublingual bzw. buccal (in die Wangentasche) verabreicht werden. Insbesondere bei Kindern bietet sich auch die rektale Diazepamgabe über ein Zäpfchen oder eine Rektiole an.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 15.10.2018)[2737]

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo Guten Tag
    Ich habe es persönlich miterlebt bei meiner Mutter.An einem frühen Morgen stürzte Sie und brach sich den Oberschenkel Hals am rechten Bein.Sie würde operiert nach langem Warten in der Euregioklinik in Nordhorn.Nach einem mehrtägigen Aufenthalt war es der Wunsch nach Hause zu dürfen .Zwischenzeitlich wurde ein Zugang an der Halsschlagader gelegt worden.Am Tage der Entlassung wurde dies dann alles entfernt.Als ich in der Nacht dann bei meiner Mutter plötzlich merkte sie war nicht ansprechbar und auch kein Empfindungsgefühl alarmierte ich den Rettungsdienst.
    Holger Meyer

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  2. Ist man in der Erholphase, im Tiefschlaf weckbar?

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  3. Hallo,
    mit meinem HHTumor kenne ich mich besser aus als jeder durchschnittliche Neurologe. Somit möchte ich hiermit die Frage beantworten.
    Es kommt immer auf die Anfallsart/stärke an.
    Bei einem Grand-Mal Anfall wird das gesamte Gehirn auf 0 geschalten und bis dieser Computer wieder hochfährt dauert es einiges länger.
    Bei einem Petit-Mal Anfall ist nur das halbe Gehirn betroffen, wodurch meist ein viertel bis halbstündlicher* Schlaf/Dösen reicht.
    man kann jederzeit geweckt werden, doch ohne den Erholungsschlaf läuft alles wie wenn das Smartphone nur noch 5% Akku hat.
    Man ist den ganzen Tag wie bedöst, also lieber eine viertel Stunde länger schlafen (lassen) und danach läufts wieder sehr gut.
    Bei einem Petit-Mal Anfall wird höchstens noch eine Betreuung in der Schlafzeit benötigt, da es Anfälle wie Schlafwandeln sind.
    Freundliche Grüße und Glück mit der Anfallsfreiheit.

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