Drogen-Intoxikation: Naloxon-Gabe durch Ersthelfer

Frankfurt/Main (idw) – In Deutschland starben im Jahr 2013 laut Bundeskriminalamt mehr als 1.000 Menschen an Drogenkonsum, davon rund zwei Drittel an den Folgen einer Vergiftung mit Opiaten. Mit dem Ziel, die Zahl der Drogentoten zu reduzieren, begleitet die Frankfurt University of Applied Sciences die Einführung des Medikaments Naxolon zur Drogennotfallprophylaxe wissenschaftlich.

Drogenkonsumenten, die sich Opiate mit Spritzen injizieren, leben mit dem Risiko der Überdosierung. Dann ist rasche Hilfe erforderlich. Die Injektion des Opiatantagonist Naloxon hat sich als effizientestes Mittel erwiesen, da er die Wirkung von Opiaten/Opioiden teilweise oder ganz aufhebt – und das gänzlich ohne Nebenwirkungen: Wenn keine Opiate konsumiert wurden, zeigt er auch keine Wirkung.

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„Viele Todesfälle durch Opioidüberdosierung könnte vermieden werden, wenn andere Konsumenten, Partner und Angehörige gezielt Erste Hilfe durch die geschulte Anwendung von Naloxon leisten könnten“, erläutert Prof. Dr. Heino Stöver. „Denn diese Personen sind oft in den lebensgefährlichen Krisensituationen anwesend, und der Ruf eines Notarztes wird aus Angst umgangen.“

In anderen EU-Ländern und den USA sei die Vergabe von Naloxon an die genannten Zielgruppen nach entsprechenden Trainings als Standardangebot der Suchtkrankenhilfe bereits eingeführt worden. In Deutschland wurde bislang lediglich in Berlin ein entsprechendes Projekt durchgeführt.

Das Forschungsprojekt „Analyse der Drogennotfallprophylaxe mit der Vergabe von Naloxon bei Opiatabhängigen“ (DroNoPro) befasst sich mit der Analyse der praktischen Umsetzung bei der Vergabe von Naloxon. Die entsprechenden Trainings für Konsumenten, Partner und Angehörige organisiert der Projektpartner IDH Frankfurt. Anschließend werden die Naloxon-Ampullen von einem Arzt verschrieben und an die Trainingsteilnehmer ausgehändigt.

(25.09.2014; Foto: CDC)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Man sollte aber nicht vergessen, dass Naloxon eine geringe Halbwertszeit als die meisten Opiate hat. Was zur Folge haben kann, dass die Wirkung des Opiats darauf hin mit erhöhter Wirkung wieder einsetzt. Daher in meinen Augen ehr kontraproduktiv, da vielleicht dass Bild entstehen könnte, dass der Rettungsdienst nicht alarmiert werden muss.

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  2. Vielleicht sollte man es eher zu den notkompetenzmaßnahmen hinzufügen.

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  3. Die Problematik der Halbwertzeit sollte jedem RA/NfS hinlänglich bekannt sein. Er ist in der Lage auf die erneute Opiatreaktion zu reagieren (erneute Applikation bzw. Atemwegssicherung…). Da Naloxon/Narcanti nur in primär lebensbedrohlichen Situationen eingesetzt werden soll – denke ich das eine Aufnahme in die Notkompetenzmaßnahmen des RA sinnvoll wäre.

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  4. Bitte genau lesen! Hier geht es nicht um Überbrückung bis zum Eintreffen des RD, denn “der Ruf eines Notarztes wird aus Angst umgangen”. Hier geht es um den ungetrübten Weiterkonsum durch den Betreffenden (und seine Kommunity?)- und zwar möglichst “am Limit”!. Denn wovor hat man “Angst”? Natürlich vor der Unterbrechung der Drücker-Seeligkeit durch einen unwillkommenen Klinikaufenthalt inclusive cold turkey. Das Ganze soll also unbedingt am Rettungsdienst vorbei gehen! (Der RD brauchte nicht mal Naloxon: Kommandoatmung oder Beutel mit Maske reichen meist). Ich ziehe dem Hut vor dem Mut der Leute, die meinen, so etwas verantworten zu können.

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  5. Ja, es ist schon seltsam, dass die Naloxongabe keine “freigegebene” Massnahme des Rettungsdienstes ist. Aber das ist sie ja noch nie gewesen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Abgabe an Laien fast wie ein Schlag ins Gesicht. Aber das nur am Rande. Tatsächlich kann ich als Mitarbeiter eines Drogenkonsumraums sagen, dass das primär Problem des Atemstillstands tatsächlich durch externe Reize oder eine kurze Maske-Beutel-Beatmung überwunden werden kann. Eine Naloxongabe ist bei mehr als 50 Notfällen (Atemstillstände) nie notwendig gewesen. Die von DocRichard vertretene Sicht, dass “am Limit” weiterkonsumiert wird, wenn Naloxon zum Einsatz kam, ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar. Konsumenten sind abhängig, etwa wie Alkis, die auch nur noch trinken, damit das zittern aufhört. Der geile Kick mit Kumpels ist das lange nicht mehr. Wenn aber das “Zeug” vom Dealer mal eben doppelt soviel Heroin beinhaltet, wie gewohnt, dann ist es halt zu spät. Ein Beatmungsbeutel wird dann nicht da sein. Da ist es besser, der Patient bekommt Naloxon. Bei Bedarf halt auch i.m. Die Leute, die am Programm teilnehmen werden mit Sicherheit auch geschult. Die Ampullen werden sicher nicht einfach rausgegeben. Das Problem ist komplex, eine einfache Antwort ist da sicher nicht einfach. Ich persönlich befürworte solch ein Programm, sehe aber auch dioe Risiken.

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  6. @DocRichard: “Drücker-Seeligkeit”?

    Im Ernst? Leider ist Ihre Ignoranz ganz gewöhnlich.

    Opioidsüchtige Menschen gehörten häufig schon VOR BEGINN ihres Konsums zu den unglückSELIGsten Menschen unserer Gesellschaft (Kindesvernachlässigung, Verwahrlosung, Gewalt, Mißbrauch).

    Ich danke dem Konsumraum-Mitarbeiter “Stefan” für seinen von Erfahrung gezeichneten Beitrag.

    Anbei bemerkt ist der Erstkonsum nach einem ungewollten Entzug für einen Opioidsüchtigen eine der gefährlichsten
    (fatalsten) Situationen überhaupt! Die Opioidtoleranz ist gesunken, aber daß ist dem Abhängigen üblicherweise nicht bewusst: Er/Sie konsumiert die zuvor gewohnte Dosis… (und selbst nach einem GEPLANTEN Entzug liegt die Rückfallquote bei mehr als 90%!)

    @Doc Richard: “… Weiterkonsum am Limit”?

    Nie habe ich in meiner jahrzehntelangen Erfahrung einen Süchtigen erlebt der Naloxon genommen hätte, um “weiterkonsumieren” zu können. (Eine widersinnige Annahme. Warum auch sollte ein Konsument das teure heroinhaltige (in immer unbekannter Konzentration) Pulver freiwillig antagonisieren wollen?

    Oder habe ich Sie hier missverstanden?

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