Umfrage spiegelt Sorge um Notfallversorgung wider

(Bild: Markus Brändli)Düsseldorf (ots) – Eine Befragung des Wirtschaftsdienstleisters PwC unter 2.000 Deutschen hat ergeben, dass es offenbar in der Bevölkerung Sorgen um die medizinische Notfallversorgung gibt. Gleichzeitig steige bei jüngeren Patienten die Erwartung an medizinische Services, teilte das Unternehmen mit.

94 Prozent der im August und September 2019 Befragten scheinen der Ansicht zu sein, dass die Notaufnahmen an deutschen Kliniken überlastet sind. Das glauben vor allem ältere Menschen. Während aus der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen 87 Prozent die Aussage voll und ganz bejahten, waren es bei den Über-60-Jährigen sogar 98 Prozent.

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„Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich Erfahrungen mit der Notaufnahme zu machen“, erklärt Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC. Dafür thematisieren jüngere Patienten häufiger die Angst, nicht rechtzeitig und ausreichend behandelt zu werden.

Unklarheit über Aufgaben des Rettungsdienstes

Die Erwartung, Notaufnahmen könnten überlaufene Haus- oder Facharztpraxen ersetzen, findet sich vor allem bei den jüngeren Patienten. 34 Prozent sind der Meinung, dass die Behandlungsmöglichkeiten in Notaufnahmen aufgrund der dort verfügbaren Fachärzte und des medizinischen Geräts grundsätzlich besser seien. Ein Drittel der Jüngeren war in den vergangenen fünf Jahren mehr als dreimal in der Notaufnahme – der häufigste Wert aller Altersgruppen.

Auffällig ist, dass sich die Erwartungshaltung nicht mit der landesgesetzlichen Definition des Rettungsdienstes deckt. So wünschen sich 84 Prozent der Befragten eine Behandlung zu Hause durch einen Arzt. „Es ist offensichtlich, dass hier Aufklärungsbedarf besteht“, sagt Burkhart. „Der Mehrheit scheint nicht klar, was ein Notfall ist und dass es Aufgabe von Rettungsdienst und Notarzt ist, den Patienten zu stabilisieren und dann zu befördern. Eine ambulante Behandlung ist nicht vorgesehen.“

Insgesamt steigen laut Studie die Ansprüche jüngerer Patienten an die medizinische Versorgung. „Die Ergebnisse deuten meiner Ansicht nach auf eine veränderte Service-Erwartung bei der jüngeren Generation hin. Aus vielen anderen Branchen sind sie On-Demand-Dienstleistungen gewohnt und übertragen diese Erfahrung tendenziell auf das Gesundheitswesen“, sagt der PwC-Experte.

Befragt nach der Krankenhaus-Strukturreform, in deren Folge kleinere Kliniken schließen und sich die Versorgung an weniger Standorten konzentriert, äußerte fast drei Viertel der Befragten (74 Prozent) die Sorge, dass sie im Notfall nicht schnell genug versorgt werden. Wenn aber statt Notaufnahmen ein ärztlicher Bereitschaftsdienst oder Rettungswagen und Notarzt zur Verfügung stünden, würden sich mehr als drei Viertel der Befragten keine Sorgen machen (76 Prozent).

PwC fragte aber auch nach der Haltung zu Vorschlägen, die Notaufnahmen entlasten könnten. Überwiegende Zustimmung (92 Prozent) erhielt dabei eine gemeinsame Notfallleitstelle der Notrufnummern 112 sowie 116117, die Patienten je nach Bedarf an den Rettungsdienst, ein integriertes Notfallzentrum oder eine Arztpraxis vermittelt.

Notruf- und Erste-Hilfe-Apps gelten als sinnvoll

Befragt nach der Verbreitung von Notfall- und Erste-Hilfe-Apps zeigt sich, dass lediglich fünf Prozent der Befragten solche Apps nutzen. „Aber fast die Hälfte der Befragten sagt, sie könne sich das durchaus künftig vorstellen“, sagt Burkhart. Apps seien zwar noch wenig verbreitet, doch die Akzeptanz nehme zu.

Als sinnvolle Funktion empfanden 73 Prozent die Möglichkeit, über eine App den Rettungsdienst zu verständigen. 68 Prozent halten Anleitungen zur Ersten Hilfe, zum Beispiel zur Herzdruckmassage, für sinnvoll. Und 58 Prozent fänden eine Unterstützung bei der Ersten Hilfe, etwa beim Rhythmus der Herzdruckmassage, nützlich.

Apps, die im Notfall qualifizierte Ersthelfer im Umkreis verständigen, kennen die Befragten ebenfalls kaum: Nur elf Prozent hatten davon schon gehört, wovon lediglich zwei Prozent solche Apps auch nutzen. Aber sieben von zehn Befragten (69 Prozent) hielten solche Apps für sinnvoll.

„Das Ergebnis zeigt das große Potenzial, das App-Lösungen bei einer Vielzahl medizinischer Fragestellungen haben“, sagt der PwC-Gesundheitsexperte.

Bei der Frage, ob sich die Umfrageteilnehmer in einer App auch als Ersthelfer registrieren würden, zeigte sich ein ambivalentes Bild: 37 Prozent antworteten mit ja, 44 Prozent verneinten. 19 Prozent gaben an, eine solche App nicht zu kennen.

„Die Mehrheit scheut offensichtlich auch mangels Erfahrung vor dem Risiko zurück, als Ersthelfer Verantwortung für ein Menschenleben zu übernehmen“, sagt Burkhart. Bei 38 Prozent der Befragten liegt der letzte Erste-Hilfe-Kurs zwischen drei und 20 Jahren zurück. Bei mehr als einem Viertel vergingen mehr als 20 Jahre. Elf Prozent haben noch nie einen Erste-Hilfe-Kurs besucht.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich arbeite EA im Rettungsdienst und bin der Meinung das Apps für die Alarmierung von qualifizierten Ersthelfer Bundesweit eingeführt werden sollte.
    Im Großraum Erlangen/Nürnberg (einer der größten Leitstelle in Bayern) gibt es solche Alarmapps leider noch nicht bzw werden noch nicht mit einbezogen bei Notfällen.
    Das finde ich persönlich Schade weil ich finde wenn auch nach Einführug 1 Menschenleben gerettet wird sich die Sache schon gelohnt hat.

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