Sachsen-Anhalt: Barmer fordert weniger Leitstellen und mehr Ersthelfer

(Bild: Barmer)Magdeburg (BEK) – Weil die festgeschriebenen Hilfsfristen nach Feststellung der Barmer in Sachsen-Anhalt seit Jahren immer wieder verfehlt werden, fordert die Krankenkasse eine grundlegende Neuaufstellung des Rettungsdienstes in dem Bundesland.

„Nach der Landtagswahl muss die künftige Landesregierung eine Bestandsaufnahme vornehmen: Wie viele Leitstellen und Rettungswachen sind tatsächlich notwendig und wie sind diese ausgestattet? Es wird Zeit, dass der Rettungsdienst in Sachsen-Anhalt für das 21. Jahrhundert aufgestellt wird und Digitalisierungspotenziale konsequenter genutzt werden“, sagt Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen-Anhalt.

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Zwischen Arendsee und Zeitz gibt es aktuell 13 Leitstellen. In anderen Bundesländern wurden bereits Leitstellen zusammengelegt. In Brandenburg gebe es mittlerweile fünf solcher Einrichtungen, auch in Thüringen und Sachsen seien Leitstellen zusammengelegt worden, so die Barmer. In Sachsen-Anhalt hätten bisher nur der Altmarkkreis Salzwedel und der Landkreis Stendal mit einer gemeinsamen Leitstelle Synergien erschlossen.

Eine Option für Sachsen-Anhalt könnte nach Meinung der Krankenkasse sein, ähnlich zur Struktur der Polizei drei Leitstellen für den Rettungsdienst zu bilden. „Für einheitliche, hohe Qualitätsstandards, eine gute Personalausstattung und eine gute technische Ausrüstung wäre die Reduzierung der Leitstellenanzahl im Land geboten. Nur so können der Brand- und Katastrophenschutz und der Rettungsdienst aufgaben- und kostenteilig weiterhin unter einem Dach agieren“, sagt Wiedemann.

Im 21. Jahrhundert müsse der Rettungsdienst auf Grundlage der Digitalisierung in der Leitstellentechnik, bei den Rettungsmitteln und der Datenübermittlung konsequent umgestellt werden. Insgesamt müssten auch die Krankenhausplanung und die Planung des Rettungsdienstes stärker verzahnt erfolgen, so der Landeschef der Barmer.

Um die Rettungskette zu ergänzen, sollten Sachsen-Anhalts Landkreise und kreisfreien Städte außerdem auf Smartphone-basierte Ersthelfer setzen. Dabei werden medizinisch qualifizierte Ersthelfer, die sich zufällig in der Nähe des Einsatzortes befinden, zusätzlich zum Rettungsdienst aktiviert, zum Beispiel Ärzte, Feuerwehrkräfte, Mitarbeiter des THW und der DLRG, Krankenpfleger, Medizin-Studenten oder Arzthelferinnen. Sie werden von der Leitstelle nach Wahl des Notrufs 112 durch die GPS-Komponente ihrer Smartphones geortet und automatisch per App parallel zum Rettungsdienst alarmiert. Durch die örtliche Nähe sind sie oft zügiger am Einsatzort als der Rettungsdienst. Die Ersthelfer können dann bereits mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen, bevor der Rettungsdienst diese übernimmt. Die Barmer hat ermittelt, dass bereits 30 Gebietskörperschaften in Deutschland auf das Konzept des Vereins Mobile Retter e.V. setzen. Die Krankenkasse plädiert dafür, dass künftig auch in Sachsen-Anhalt flächendeckend Smartphone-basierte Ersthelfer zum Einsatz kommen.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Synergien durch Zusammenlegung von Leitstellen kann man sicher erreichen, aber, man sollte keinesfalls wie auch immer alarmierte Ersthelfer zum Einhalten der Hilfsfrist missbrauchen. Die Hilfsfrist wird nur eingehalten, wenn ein Notfall geeignetes Rettungsmittel ( RTW / NEF ) innerhalb dieser eintrifft. Sollte klar sein, trotzdem gibt es immer wieder Versuche von Kostenträgern und leider auch von Leistungserbringern, die Einhaltung durch First Responder zu suggerieren. Ich wünsche der Region viel Glück !

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  2. Seh ich auch so, bei einer Rea macht es noch Sinn, aber alles darüber hinaus…

    Von Zusammenlegung der Leitstellen halte ich absolut nichts. Es ist unumgänglich das sich die Disponenten im kompletten Landkreis und deren örtlichen Gegebenheiten auskennt. Nur so kann man Rettungsmittel adäquat disponieren. Bei Annahme eines Notruf sollte ich auch mit dünnen Ortsangaben was anfangen können und das aneinander Reihen können um dort ein Rettungsmittel zum richtigen Ort zu schicken. Da hilft auch kein Navi und kein Google Maps in der Leitstelle.

    Was die Hilfsfristen angeht werden hier (Niedersachsen) willkürlich freie RTWs für Dialyse Fahrten und KH Entlassungen eingesetzt. Im Notfall wenn das zuständige Auto nicht frei ist kommt dann halt ein RTW von außerhalb mit 20-25min Anfahrt anstatt mehr KTWs zu beauftragen um RTWs frei zu halten.

    Der Kommentar der Barmer zielt nur auf Kostenersparnis aus. Die Kassen sollten sich lieber mal um den ganzen Missbrauch vom Rettungsdienst kümmern “seit 10 Tagen Schmerzen in der Hand” etc.,aber das kostet den ihr eigenes Personal und Geld und weiter als bis zum Ende der RTW Rechnung denkt keiner was die ganzen RTWs die nur mehr sind um sowas ab zu decken den Kassen kostet…

    Mir solls egal sein, dwr Arbeitsmarkt ist gut, die Autos werden mehr, es wird eingestellt und nicht abgebaut…

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  3. Keine Angst, diese Systeme wie die Mobilen Retter, sind nicht Teil des öffentlichen Rettungsdienstes, und werden nicht auf Hilfsfristen angerechnet.
    Auch HvO und First Responder Einheiten werden das nicht.
    Wir sind also keine Konkurrenz für den Rettungsdienst. Sondern meist Initiativen von motivierten Leuten, die das Therapiefreie Interfall reduzieren wollen.

    Bei uns in der Region (4 Landkreise 1 Leitstelle) sind im Gegenzug in den letzten Jahren eher RTW Standorte entstanden als reduziert worden.

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  4. Die Idee z.B. mit der Thematik Mobile Retter funktioniert in Teilen der alten Bundesländern hervorragend. Man sollte dieses System nicht als Konkurenz zum Regelrettungsdienst sehen, sondern als Hilfe für Menschen.
    Habe ich versucht in Chemnitz anzuregen, leider bin ich da auf verschlossene Ohren gestoßen. Hier ist eben der Konkurenzgedanke bei vielen “Professionellen” absolut in Beton gemeiselt, leider.
    Viel Erfolg für die Sachsen-Anhalter, vielleicht lernen auch andere dadurch.

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  5. Eine sinnvolle Initiative der Barmer. Kleine Leitstellen haben ihren Charme, aber welche kleine Leitstelle disponiert heute denn adäquat und mit Ortskenntnis? Auf den Leitstellen und Rettungsmitteln sitzen schon lange keine Personen mehr mit Ortskenntnissen. Daher lieber Strukturen neu ordnen und nachhaltig und wirtschaftlich in neue Prozesse und technische Unterstützung investieren. Die Aufgabe der Leitstelle (…gerade im Bereich Rettungsdienst) hat sich halt auch gewandelt…

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