Notfallversorgung: Kritische Stimmen zu Reformplänen

(Bild: (Symbol) Markus Braendli)Berlin (pm/rd_de) – Um die Versorgung im Notfall zu verbessern, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Montag (22.07.2019) einen Arbeitsentwurf für ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung an die Bundesländer verschickt. Gemeinsam mit den Ländern soll der Entwurf weiterentwickelt werden.

Ziel der Reform sei die bestmögliche Versorgung von Menschen in medizinischen Notfällen, teilte das Ministerium mit. Dafür sollen die Rettungsdienste der Länder mit den ärztlichen Bereitschaftsdiensten und den Notfallambulanzen der Krankenhäuser künftig eng zusammenarbeiten.

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Ein Punkt der Reformpläne sind gemeinsame Notfallleitstellen (GNL), die sowohl die Notrufnummer 112 als auch die Telefonnummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes (116117) annehmen. Die GNL sollen nach Spahns Plänen die Verteilung der Patienten in medizinischen Notsituationen übernehmen. Dabei könne es sich um den Rettungsdienst, ein integriertes Notfallzentrum oder – während der Sprechstundenzeiten – eine vertragsärztliche Praxis handeln.

Ferner sehen die Reformpläne vor, den Rettungsdienst als eigenständigen Leistungsbereich im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (im SGB V) zu regeln. Die Versorgung am Notfallort und der gegebenenfalls anschließende Transport des Patienten würden als voneinander unabhängige Leistungen der medizinischen Notfallrettung geregelt. Damit sollen „Leerfahrten“ vermieden und das Problem der bisher nicht vergüteten „Vor-Ort-Versorgung“ gelöst werden. Die zur Weiterbehandlung erforderlichen Daten sollen frühestmöglich übertragen werden. Im jeweiligen Einzelfall könne dann entschieden werden, welches Krankenhaus geeignet und aufnahmebereit sei. Hierfür ist eine bundesweite Echtzeitübertragung der bestehenden Versorgungskapazitäten vorgesehen.

Reaktionen auf die Reformpläne der Notfallversorgung

Die Björn-Steiger-Stiftung begrüßt die Reformpläne. Was nun passieren solle, reiche bei weitem aber nicht aus, teilte die Stiftung mit. Im Rettungsdienst sei noch viel mehr Handlungsbedarf. Nötig seien in die Tiefe gehende Strukturänderungen des Rettungsdiensts: gesetzliche Grundlagen, Aus- und Fortbildung, standardisierte Notrufabfragen, Patientenversorgung, Datenerfassung und Qualitätskontrollen werden als Beispiele genannt.

Der Paritätische Gesamtverband sieht im vorliegenden Referentenentwurf zur Reform der Notfallversorgung Nachholbedarf im Bereich Digitalisierung. Zwar begrüße der Wohlfahrtsverband, dass es eine bundesweite digitale Vernetzung und eine Kooperation der gemeinsamen Notfallleitstellen geben solle und damit bundeseinheitliche Standards gelten würden. Auf Kritik stößt jedoch, dass digitale Angebote bei diesen Standards nach Meinung des Wohlfahrtsverbandes kaum Berücksichtigung finden und die Möglichkeiten hier bei weitem noch nicht ausgeschöpft wurden.

„Mit dem Diskussionsentwurf werden endlich konkrete Schritte zu der längst überfälligen Reform der Notfallversorgung aufgezeigt“, sagte Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt. „Wir haben auf Deutschen Ärztetagen wiederholt die Einführung eines integrierten Konzeptes für die strukturierte Inanspruchnahme der Notfallstrukturen gefordert.“ Die neuen Vorschläge, so auch die geplante Einrichtung von Gemeinsamen Notfall-Leitstellen oder die Reorganisation des Rettungsdienstes, böten grundsätzlich eine gute Grundlage für den weiteren Dialog.

Eine Reform der Notfallversorgung sei notwendig, dürfe aber nicht auf dem Rücken der Patienten und der Einsatzkräfte ausgetragen werden, teilte das Bayerische Rote Kreuz (BRK) als Reaktion auf die Pläne des Bundesgesundheitsministers mit. „Die Beibehaltung der Länderzuständigkeit für den Rettungsdienst sichert in Bayern die Leistungsfähigkeit des Rettungsdienstes“, so BRK-Präsident Zellner. Rettungsdienst sei ein untrennbarer Teil der in der Länderverantwortung stehenden Gefahrenabwehr.

Die Kritik des BRK gilt auch der vom Bundesgesundheitsminister ins Auge gefassten Trennung der Finanzierung von Rettungsdienstleistungen einerseits und Investitions- und Vorhaltekosten andererseits. „Wenn künftig jeder medizinische Handgriff einzeln abgerechnet und das dafür erforderliche Budget mit den Krankenhäusern geteilt werden muss, entsteht ein unnötiger Verteilungskampf zwischen klinischer und präklinischer Notfallmedizin“, so BRK-Landesgeschäftsführer Stärk. Das BRK warnt in diesem Zusammenhang auch vor einem erhöhten Verwaltungsaufwand.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. das grosse Problem, seit Jahrzehnten, ist die ärztliche Abdeckung in der Mittagszeit, in denen die Hausarztpraxen geschlossen sind, z. B. wegen Mittagspause, Hausbesuche bei Patienten durch Hausarzt, in dieser Zeit fehlt der kassenärztliche Notdienst, da steigen in der Woche zwischen 13:00 und 15;00 dann die Anrufe bei 112, beziehungsweise die Wanderung in die Notaufnahmen an! Da ist als erstes der Hebel von den Ärztekammern der Bundesländer anzusetzen und von der Bundesärztekammer ist die Durchsetzung auf Länderebene zu überprüfen!

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