Maßnahmen-Kompass für Notfallsanitäter in Bayern

(Bild: BRK)München (BRK) – In Bayern haben sich alle Organisationen und Unternehmen, die den Rettungsdienst durchführen, gemeinsam mit den ÄLRD auf eine „Kompetenzmatrix“ für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen geeinigt.

Gerade in ländlich strukturierten Gebieten treffen Rettungskräfte häufiger deutlich vor einem Notarzt an der Einsatzstelle ein. Ist das RTW-Team gezwungen, umgehend lebensrettende Maßnahmen einzuleiten, die eigentlich nur einem Arzt gestattet sind, standen die Notfallsanitäter und -sanitäterinnen bis Anfang 2021 rechtlich auf „dünnem Eis“. Bestimmte Maßnahmen durften sie bis dahin nur im Rahmen des „rechtfertigenden Notstands“ (Paragraf 34 StGB) ergreifen.

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Mittlerweile hat der Bundesgesetzgeber das zugrundeliegende Notfallsanitäter-Gesetz (NotSanG) nachgebessert. Dort heißt es jetzt in Paragraf 2a NotSanG, dass Notfallsanitäter und -sanitäterinnen ihre heilkundliche Fachkompetenz bei lebensbedrohlichen Zuständen und zur Abwendung akuter Gefahren wesentlicher Folgeschäden rechtssicher anwenden dürfen.

Um diesen „neuen“ Paragrafen 2a des Notfallsanitäter-Gesetzes mit Leben und konkreten Maßnahmen zu füllen, haben sich nach Angaben des BRK alle Rettungsdienst-Durchführenden und die Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) auf eine sogenannte Kompetenzmatrix mit drei Anwendungskategorien verständigt. Sie schafft einen Überblick darüber, welche Maßnahmen durch Notfallsanitäter und -sanitäterinnen eigenverantwortlich durchgeführt werden können. Diese Maßnahmen setzen weiterhin voraus, dass zusätzlich ein Notarzt hinzugezogen wird. Zur Durchführung der Maßnahmen ist das Eintreffen des Notarztes aber ausdrücklich nicht abzuwarten.

Beispiel: Eine Person stürzt von einem Baugerüst und ist schwer verletzt. Sie gibt starke Schmerzen im Beckenbereich an. Die Notfallsanitäterin oder der Notfallsanitäter kann gemäß der neuen Kompetenzmatrix in diesem Fall eigenverantwortlich einen intravenösen Zugang legen, Sauerstoff und ein Schmerzmittel verabreichen. Zudem kann eine Beckenschlinge zur Stabilisierung des möglicherweise frakturierten Beckens angelegt werden.

Die Neuerung „berechtigt die Notfallsanitäterin oder den Notfallsanitäter, unmittelbar erforderliche heilkundliche Tätigkeiten bis zum Eintreffen des Notarztes oder bis zur Übernahme der Behandlung durch einen anderweitigen Arzt durchzuführen“, erklärt BRK-Landesarzt Dr. Florian Meier. „Damit können Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter in Zukunft rechtssicher, eigenverantwortlich und im Rahmen ihres erlernten Kompetenz- und Ausbildungsniveaus heilkundlich tätig werden.“

„Es ist das richtige Signal für das Berufsbild des Notfallsanitäters und der Notfallsanitäterin. Wir schaffen damit einen Zweiklang aus Rückendeckung und Klarheit“, so Abteilungsleiter Rettungsdienst in der BRK-Landesgeschäftsstelle, Sebastian Lange. „Mit diesem Maßnahmen-Kompass können Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter in Zukunft absolut rechtssicher im Sinne der ihnen anvertrauten Menschen Maßnahmen ergreifen und heilkundlich tätig werden.“

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Zugang , Schmerzmittel und Sauerstoff . Wow Das wäre sogar klasse wenn man nicht trotzdem eine NA bräuchte . Ich bin froh das ich einen ÄLRD mit Eiern habe der das und mehr freigegeben hat um KEINEN NA zu benötigen.

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  2. Vor dieser Matrix gab es ebenfalls einen Kompetenzkatalog, der Maßnahmen und Medikamente (mit konkreter Dosierung) empfohlen hat. Diese neue “Kompetenzmatrix” unterscheidet sich davon nur unwesentlich, sie ist lediglich in ein etwas professioneller anmutendes Layout gepackt und wird darüber hinaus nicht wie zuvor rein durch ÄLRD vorgegeben sondern als erarbeiteter Konsens verkauft – mit nur marginalen Änderungen im Vergleich zum Vorzustand. Darüber hinaus fehlen zu den einzelnen Maßnahmen anders als zuvor jegliche Details wie z.B. Dosierungen.

    Diese Matrix ist – wie in den Erläuterungen am Anfang auch festgehalten – eine bloße Übereinkunft der bayerischen Durchführenden (also hauptsächlich der Schulen) mit den ÄLRD über die zu vermittelnden Lerninhalte. Aus der bloßen Behauptung, ein solches Dokument schaffe Rechtssicherheit, erwachsen keine neuen Fakten. Auch die Aussage, dass mit diesen Maßnahmen nicht mehr auf den Notarzt gewartet werden muss, ist kein Zugeständnis von ÄLRD, sondern eine strafrechtlich geprägte Selbstverständlichkeit, die seit Jahrzehnten im StGB existiert. Darüber haben ÄLRD und Durchführende nicht zu entscheiden und sie werden es auch nie.
    In der Praxis ist also alles genauso wie vorher, nur anders verpackt. Stillstand.

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