DL Helicopter will in Luftrettung einsteigen

Seevetal (rd.de) – Wer den Ausgang von Ausschreibungen im Bereich Luftrettung beobachtet, muss den Eindruck bekommen, dass andere Anbieter als ADAC und DRF ohne Chance sind. Die Firma DL Helicopter aus Seevetal lässt sich davon nicht beeindrucken und steigt in den Bieterwettbewerb ein. Rettungsdienst.de sprach mit dem HEMS-Berater und Einsatzpiloten der Firma DL Helicopter, Peter Schroeter, über Sinn und Unsinn eines solchen Vorstoßes.

rd.de: DL Helicopter beteiligt sich an den Ausschreibungen für den „Christoph Sachsen-Anhalt“ und die Station „Christoph 36“ in Magdeburg. Rechnet sich die DL Helicopter hier reelle Chancen aus?

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Schroeter: Nun, wir sind was die Chancen angeht, nicht euphorisch, aber auch nicht ohne Hoffnung. Uns ist bewusst, dass es nicht leicht sein wird, sich am Luftrettungsmarkt zu positionieren. Wenn jedoch die Vergabe der künftigen Dienstleistungskonzessionen strikt gemäß der Vergaberichtlinien entschieden werden, gibt es durchaus berechtigte Hoffnung auf einen positiven Bescheid. Alle Bieter werden anhand der gleichen Bewertungsmatrix gemessen und es besteht somit Chancengleichheit. Letztendlich entscheidet ein Quotient, welcher rechnerisch aus qualitativen Merkmalen wie zum Beispiel wirtschaftlicher und technischer Leistungsfähigkeit, personeller Ressourcen und der Preiskalkulation ermittelt wird.

rd.de: Können denn alle Voraussetzungen wie Ersatzmaschine, Werft und HEMS-Supplement erfüllt werden?

Schroeter: Ja! DL verfügt über eine ausreichende Zahl an Einsatz- und so genannten Back-Up-Maschinen der Flugleistungsklasse 1. Die Verwendung dieser CAT-A-Hubschrauber sind in jeder Ausschreibung als wesentliches Grundkriterium zwingend notwendig. Wir setzen ausschließlich auf die bewährten Einsatzmuster der EC 135 und BK 117. Beide Muster sind vorhanden und eine weitere EC 135 steht für den Back-Up binnen drei Stunden mit gesamten medinzinischem Equipment als RTH zur Verfügung. DL Helicopter verfügt über eine eigene zertifizierte Werft nach JAR 145 und ist sowohl technisch als auch personell in der Lage, die Baumuster der EC 135 und BK 117 zu warten. Das HEMS-Supplement, eine schriftliche Verfahrensanweisung zur Durchführung von Luftrettungseinsätzen, liegt dem Luftfahrtbundesamt gemäß den Richtlinien der JAR-OPS 3 vor. Bei der JAR-OPS 3 handelt es sich um europäische Leitlinie zum Einsatz von Hubschraubern im gewerblichen Luftfahrtbetrieb.

rd.de: Aber Erfahrungen in der Luftrettung hat die Firma DL Helicopter bislang nicht vorzuweisen.

Schroeter: DL Helicopter hat bereits Erfahrungen im Support von Einsatzpiloten und Hubschraubern im benachbarten Österreich. Wir sind also keine Anfänger. All unsere Einsatzpiloten, die für den Einsatz in der Luftrettung vorgesehen werden, sind langjährig erfahrene Kollegen aus dem Bereich der Heeres- und Marinefliegerei, kommen aus der Luftrettung anderer Anbieter oder sind erfahrene Arbeitsflieger, für die der Einsatz unter erschwerten Bedingungen nicht neu ist. Die EU-Vorschriften besagen hierzu, dass die neuen Piloten neben der Grundvorrausetzung, über eine Berufspilotenlizenz zu verfügen, mindestens 1.000 Flugstunden Erfahrung als verantwortlicher Luftfahrzeugführer haben müssen. Darüber hinaus müssen sie entweder 500 Flugstunden Erfahrung im Luftrettungsdienst oder in einem vergleichbaren operativen Umfeld, zum Beispiel der Arbeitsfliegerei oder des Militärdienstes, inne haben, ehe eine Verwendung im Rettungsdienst möglich ist. Unsere Kollegen verfügen zwischen 2.500 und 7.000 Flugstunden Erfahrung, sind also „alte Hasen“, die genau wissen, was sie tun. Hier sind wir also als gleichwertig zu betrachten.

rd.de: Gegen ADAC und DRF ist DL Helicopter aber ein Leichtgewicht. Wie wollen Sie im Preiswettbewerb bestehen?

Schroeter: Ein wesentlicher Aspekt ist hier allein schon die Größe des Unternehmens. Kurze Entscheidungs- und Verwaltungswege, eine überschaubare Zahl von Mitarbeitern und eine hervorragende Bonität. Wir müssen keine horrenden Leasinggebühren einer riesigen Flotte stemmen. Der DL Helicopter gehören die Maschinen. Somit gehe ich davon aus, dass wir bei der Kostenkalkulation über die gesamte Laufzeit hin punkten können. Zu verschenken hat aber niemand etwas.

rd.de: DL Helicopter hat eine auffällige BK 117. Es handelt sich um den „Medicopter 117“ aus der gleichnamigen TV-Serie. Da lag die Idee mit der Luftrettung ja nahe…

Schroeter: Die Maschine war in Österreich bis Ende 2010 bei Flymed im realen Rettungseinsatz. Die TV-Serie war sicher nicht der Ausgangspunkt der Idee, in die Luftrettung einzusteigen. Wir wollen schlicht und ergreifend unser Portfolio erweitern. Um dies zu ermöglichen, sah sich die Geschäftsführung vorausschauend nach freien Hubschraubern und Human Ressources um. Das Ergebnis ist unter anderem die – zweifelsohne nicht ganz unbekannte – BK 117. Allerdings waren wir weder bei den Dreharbeiten noch bei den Beratungen zur Serie “Medicopter” aktiv. Auf den Punkt gebracht: DL Helicopter hat die Maschinen sowie das technische und personelle Know-how im Bereich Luftrettung als erfolgreicher Bieter aufzutreten.

rd.de: Bei Wikipedia ist zu lesen, die Medicopter-BK 117 stünde unverändert zum Verkauf. Ist das der “Plan B” für nicht ausgelastete Maschinen?

Schroeter: Zunächst muss man wissen, dass dies nicht die einzige BK 117 war, die für die “Medicopter”-Dreharbeiten zur Verfügung stand. Weder der DL Helicopter noch mir persönlich ist ein derzeitiger Verkaufswunsch bekannt. Es ist aber durchaus nicht unüblich, dass quasi ganze Flotten dauernd zum Verkauf stehen. Das ist ein langwieriges Geschäft, mit ganz eigenen Regeln. Unter Umständen bieten Kunden aus Übersee mal locker 250.000 Dollar über Marktwert. Solche Verkaufsgewinne werden dann gerne mitgenommen.

Allerdings wird kein Hubschrauber der DL aus laufenden Vertragsverpflichtungen abgezogen, wenn nicht ein höherwertiger Ersatz vorhanden ist. Da wir uns ja auch aktuell über die Aufstockung der Flotte durch weitere EC 135 P2 und der EC 145 T2i Gedanken machen, ist ein grundsätzlicher Verkauf später nicht ausgeschlossen. Dieser Gedanke ist betriebswirtschaftlich gut durchdacht und kein Indikator für die Auftragslage.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ergänzende Info: Die EC BK 117 mit den Kennungen D-HEOE und D-HECE waren besagte Medicopter-Maschinen. Die OE wurde einfach durch einen bunten Aufkleber zur CE II. 🙂

    Und die D-HECE (zwischenzeitlich schon mal I-HECE in bella Italia aktiv) flog bei der DRF – u. a. als C42 und C53 (meist als “Springer”).

    Die Idee zur Unterstützung von RTL bzw. der Produktionsfirma von MEDICOPTER 117 soll dem Vernehmen nach seinerzeit von Pierre-Enric Steiger gekommen sein. Muss Ende der 1990er Jahre gewesen sein…

    Weiterhin neblige Grüße aus dem DRF-Stammländle

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  2. Kann mir mal bitte einer erklären, was Wikipedia und eine TV-Serie als Quellenangabe für ein Interview zu suchen hat. Wikipedia ist keine sichere Quelle im gegensatz zu offiziellen Absatzzahlen der entsprechenden Herstellerfirma. Warum hat man nicht gleich gefragt, wieso nicht Airwolf als Idee hergenommen wurde. Die haben auch immer geholfen. *zwinker*

    Merkwürdige Gesprächsgrundlagen.

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  3. Klar macht es Sinn, gegen etablierte Anbieter vorzugehen. Erfolgreiche und große Privatrettungsdienste haben doch zigmal in Deutschland bewiesen, dass es funktioniert. Ubrigens sind auch der ADAC und die DRF keine Rettungsdienste, sondern “privatrechtliche Luftfahrtunternehmen”. Ich liste mal auf, wer noch so Rettung fliegt:
    HSD, HDM, Heli-Flight, Rotorflug, Elbe Helicopter! In der Vergangenheit waren dann da noch der Helikopter Service Wasserthal, die Teuto-Air, Helitransair und FSJ, die heute noch Krankentransporte fliegen. Die Stationen, die für die großen (ADAC und DRF) innerhalb der Luftrettung interessant waren, wurden dann im Anschluß gekauft. HSD und HDM sind 100% DRF Töchter. Elbe Helicopter in Bautzen wurde vom ADAC gekauft. Um die Station nicht zu verlieren (Konzessionsrecht) firmiert man weiter als Elbe Helicopter, fliegt aber mit der ADAC Flotte! Gut getrickst von den Münchenern! Der Christoph Murnau war früher von den Gebrüdern Herr (Helitransair) ins Leben gerufen und von den gelben Engeln gekauft! Es ist also längst nicht alles gelb, was glänzt 😀 Man macht einfach den Geldbeutel auf! Und ein ehemaliger verantwortlicher Mitarbeiter, der sich stark für die IFA in Leipzig engagiert hat, bezieht sein Gehalt nun aus München! Ist doch sehr merkwürdig…… Allerdings haben sich wohl beide Großanbieter den Markt aufgeteilt und nun stört ein dritter die einträchtige Runde…. 😈 Mal sehen, wie das weiter geht…

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  4. Tja, dann bleibt wohl nur noch abzuwarten, wie lange es dauert bis DL Hamburg zum Team DRF gehört. Vorausgesetzt, sie haben einen Zuschlag erhalten! Oder sie kaufen schon vorher die treibenden Kräfte ein und kriegen alle wieder Ruhe ins Boot.

    Gruß aus NRW und @Jörn: hier ist`s auch nebelig! 😉

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  5. Es ist schon interessant, was sich da tut. Erst besorgt man sich einen Hubschrauber in Spanien, lackiert diesen um und registirert ihn in Deutschland. Man kommt im benachbarten Dänemark nicht zum Zuge und zack, der Hubschrauber ist wieder weg, wohl wieder in Spanien. Und jetzt ist er wieder da. Aber: Chartern und verchartern ist Alltag im Hubschraubergeschäft.
    Und DL weiß also nicht, dass die BK schon lange bei einem bekannten Verkaufsagenten auf der Homepage angeboten wird? Somit kann Wikipedia durchaus als Informationsquelle bestätigt werden!
    Luftrettung ist ein Millionengeschäft. Warum sonst gibt es den “Kampf” bei Ausschreibungen und Neuvergaben mit allen Möglichkeiten des Rechtsstaates? Mit den Möglichkeiten aufgrund der Unternehmensstrukturen mit Millionen von € im Hintergrund. Und auch DL ist nicht zu unterschätzen, treten sie jetzt doch in Konkurrenz zu den Großen. Ob aber die Erfahrung im Chartergeschäft ausreicht, um im Bereich Luftrettung mitmischen zu können? Mal abwarten, ob auch hier so schnell das Gegenfeuer kommt wie zuletzt in Cuxhaven und Hartenholm.
    Getrickst wird überall: In Bautzen hat Elbe versucht, mit der Backup-Maschine einen zweiten Hubschtrauber zu etablieren, um bei Sekundärflügen auch weiterhin primär zu fliegen. Die IFA hat in Leipzig die Backup-Maschine mit eingesetzt und der ADAC bezeichnet diesen zweiten Hubschrauber auch heute noch als Christoph Leipzig, also mit dem Namen eines ITH, obwohl er keiner ist. Und in Halle betreibt der HSD zwei Hubschrauber, wobei auch der zweite auf wundersamen Weg aus der Backup-Maschine entstanden ist. Und in der aktuellen Ausschreibung ist nur von EINEM ITH die Rede. Und in Reichelsheim starten inzwischen zwei Dauphin zu Einsatzflügen.

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  6. @Hubiretter: Zitat: “Und in Reichelsheim starten inzwischen zwei Dauphin zu Einsatzflügen.” Viel besser: Der “RTH” wird dank Unterstützung aus dem in der Landeshauptstadt Wiesbaden beheimateten HSM (d. i. das Hessische Sozialministerium) demnächst an das privatisierte Uniklinikum Gießen verlegt, der “ITH” kann dann weiterhin von Reichelsheim aus zu seinen Sekundär- und gelegentlich natürlich auch Primäreinsätzen starten… Und das alles nur, weil der “Christoph Rhein-Main”, so sollte der heute als “Christoph 77” bezeichnete und an der (weiterhin im Landesbesitz befindlichen) Uniklinik Mainz eigentlich heißen, 1997 auch einen Sekundärauftrag für Hessen bekam und “man” dagegen Klage einreichte. Ob es wohl daran lag/liegt, dass der RTH/ITH-Standort des C77 sich auf der falschen Rheinseite befindet!? Zumindest die HSK in Wiesbaden waren seinerzeit ja scharf auf diesen “interessanten” Dual-Use-Helicopter, wie man nicht nur hinter verschlossenen Türen munkelte.

    Neblige Grüße aus dem Südwesten unserer B-Republik

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  7. Die DK-Aktivität scheiterte jedoch wohl nicht an DL, sondern wohl eher an dem dortigen schwedischen Luftfahrtunternehmen, das schlichtweg den Vertrag nicht aufrechterhalten konnte, da diese falsche Angaben in der Ausschreibung gemacht haben. DL war gutgläubig und hatte trotz massiver Investitionen das Nachsehen. Der Support aber von DL mit Piloten und Maschine war ohne Makel. Nachdem die schon beim Support in Österreich trotz guter Arbeit durch den dortigen Anbieter finanziell nicht einwandfrei bedient wurden, versuchen sie es nun eben komplett selbst. Allerdings lässt sich sehr wohl erkennen, dass sie hier zumindest über nötiges Hintergrundwissen verfügen. Vielleicht mischen ja auch “große etablierte private Bodenretter” mit, die mit ihren Juristen schon oftmals mit großem Erfolg sich eingeklagt haben. Das luftfahrtrechtliche wird DL problemlos meistern können und das rettungsdienstliche spezifische würde dann zugekauft. Schaut man sich das Interview an, haben sie zumindest einen Fachberater.

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  8. @Jens: Wenn da mal nicht der FAL(C)Ke über Sachsen-Anhalt kreist/kreißt … 😉

    Jetzt wieder sonnige Grüße aus dem DRFL-Stammländle

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  9. und genau dieser “Fachberater” hat eines der schlechtesten Bücher über das dt. Luftrettungswesen geschrieben, was es je gab. In der Hubschrauberszene ist der Affix “Fach-” aber auch sehr dehnbar einzusetzen. Da gibt es “Fachleute”, ” (freie) Fachjournalisten”, “Fachmänner” usw.

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  10. @Franz: Aber schlechte Buchautoren müssen nicht immer auch schlechte (Fach-)Berater sein, oder? 🙂

    Herzliche Grüße nach BY aus BW von einem (Fach-)Journalisten & Fachmann

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  11. @all: And the winner at Halle is: _____________________________ die DRF Stiftung Luftrettung gemeinnützige AG bzw. das Joint Venture von DRFL und HSD. Wer hätte das gedacht? Nun ja, nach dem plötzlichen Auftreten von DL (“DL? Who the f…. is DL?” ) in der Fachpresse wohl jeder, der sich ein wenig mit den Gepflogenheiten der bundesdeutschen Rettungsdienstszene auskennt. Das in Magdeburg beheimatete IM hat’s gestern Nachmittag bekannt gegeben.

    Weiterhin sonnige Grüße aus dem DRFL-Stammländle

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