Deeskalation und Verteidigung für Malteser in NRW

Köln (MHD/rd.de) – Der Malteser Hilfsdienst in Nordrhein-Westfalen hat mit Krav Maga Defcon einen Rahmenvertrag zur Durchführung von Deeskalations- und Sicherheitstrainings für sein Rettungsfachpersonal abgeschlossen. Nach einer erfolgreichen Pilotphase im vergangenen Jahr, in der an fünf Standorten in NRW 100 Mitarbeiter geschult wurden, sollen jetzt landesweit alle Rettungsdienst-Mitarbeiter der Hilfsorganisation diese Ausbildung durchlaufen.

Angeboten werden die Trainings über die drei Malteser-Rettungsdienstschulen in NRW (Aachen, Bonn und Dortmund) sowie standortnah in eintägigen Inhouse-Seminaren. Krav Maga Defcon ist ein bundesweit tätiger Verband, der bereits umfangreiche Erfahrungen in der Schulung von Sicherheitskonzepten aufweisen kann. An der Spitze des Verbandes steht Armin Berberich, Polizeibeamter und Dozent an der Hochschule der Polizei in Baden-Württemberg.

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Krav Maga Defcon ist eine von der isrealischen Armee entwickelte Selbstverteidigungstechnik. Auf dem Lehrplan stehen dabei sowohl Techniken der verbalen Deeskalation als auch das Verhalten bei Übergriffen, Verteidigungsstellung, Befreiungstechniken bei Kontaktangriffen und Techniken in Notwehr nach dem Krav-Maga-Konzept.

Die Malteser reagieren mit dieser Maßnahme auf die wachsende Gefahr, dass Rettungskräfte Ziel von gewaltsamen Übergriffen werden. Grundlage für diesen Entschluss war eine Befragung der Ruhr-Universität Bochum, die die Malteser in Nordrhein-Westfalen 2010 in Auftrag gegeben hatte. Dabei wurde festgestellt, dass die Rettungskräfte präventive Maßnahmen wünschen, die dazu dienen, die bedrohte Handlungskontrolle wiederherzustellen.

Die Malteser sind der Ansicht, dass bereits mit Krav-Maga-Basistechniken die Chancen der Mitarbeiter, einen Angriff unbeschadet zu überstehen, steigen. Die Organisation legt ausdrücklich Wert auf die Feststellung, dass ihre Mitarbeiter nicht zu Kämpfern ausgebildet werden. Der Rückzug sei unverändert die beste Konfliktlösung.

Die Vermittlung von Techniken zur Selbtverteidigung ist umstritten. Die Mitarbeiter des Rettungsdienstes kommen in Stresssituationen damit automatisch in die Situation, zwischen verbalen und non-verbalen Lösungen abwägen zu müssen. Schon wer einem Fausthieb nicht nur ausweiche, sondern einen Haltegriff anwende, sei im Begriff, eine sofortige Handlungskontrolle herzustellen, erläuterte Gerd Weissenberger, stellvertretender Leiter am Institut für professionelles Deeskalationsmanagement Prodema, in der Zeitschrift „Wohlfahrt intern“ (Ausgabe 11/2011). Das Herstellen einer sofortigen Situationskontrolle mit non-verbalen Mitteln sei nach Ansicht Weissenbergers Sache der Polizei.

Linktipp: www.kravmaga.de

 

(Foto: Malteser / Carsten Düpjohann)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich denke, dass ein solches Training absolut sinnvoll ist. Gerade in den Großsstädten sind die Rettungskräfte meist die ersten am Ort und müssen sich einer ungeklärten Situation gegenüberstellen. Durch Alkohol und andere Betäubungsmittel haben die meisten Leute auch keine Skrupel die Hilfskräfte anzugreifen. Da ist ein geübter Haltegriff zu Verteidigung absolut vertretbar.

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  2. Sollte man überall machen, sowas. Super Sache.

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  3. “Das Herstellen einer sofortigen Situationskontrolle mit non-verbalen Mitteln sei nach Ansicht Weissenbergers Sache der Polizei.”

    Hach, wie schön die Welt doch durch so eine rosarote Brille sein muss. Derartige Sätze sind immer _so einfach_ daher gesagt.

    Leider leider helfen diese Weisheiten plötzlich überhaupt nicht, wenn man akut in einer Gefahrensituation ist. Dann ist es gut, wenn es einen Plan B gibt.

    Für diese Sache: “Daumen hoch” für die Malteser.

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  4. Ich kann mich da Max und Anna nur anschließen. Und in meinen Augen längst überfällig. Den Ausführungen des Herrn Weissenberger kann ich mich nicht anschließen. Es ergeben sich im Einsatz immer wieder Situationen in denen ich es für meine und die Sicherheit meiner Kollegen als essentiell Ansehe unmittelbar nach einem tätlichen Angriff volle “Situationskontrolle” her zu stellen. Und auch wenn es Unpopulär ist: Ich befürchte das sich leider nicht alle Situationen nur mit “Talk-Down” lösen lassen. Natürlich sollte es das Mittel der Wahl sein. Sollte dies allerdings nicht greifen müssen in meinen Augen alle Einsatzkräfte das können haben möglichst unversehrt aus einer Auseinandersetzung hervorzugehen. Die Malteser beschreiten hier in meinen Augen einen sehr guten Weg.

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  5. Was kann mir denn in fünf Stunden Krav Maga vermittelt werden ausser dem fälschlichem Glauben nun auch dem gewaltbereiten Patienten gewachsen zu sein, wenn ich es schon durch verbale Kommunikation nicht bin. Vorsicht. Rechtlich und Körperlich könnte es zu Problemen führen. Auch dies wird in dem Mini Seminar neben der verbalen Deeskalation vermittelt (was alles in dieses Seminnar rein passt???)
    Was fehlt ist die Frage, warum kommt es zu einer Eskalation?? Warum zu steigenden Zahlen?? Mit welcher Grundstimmung geht der Kollege aus dem Rettungsdienst in den Einsatz, wenn er liest, alkoholisierte Person? Schlägt sich seine Grundstimmung vielleicht auch auf den Patienten nieder?? Zur Eskalation gehören meist zwei.
    Wie gut ausgebildet ist der Rettungsassistent in der Kommunikation? Nächste Stufe deeskalierende Kommunikation? In keinem Curriculum zu finden. Würde auch keinen Zuspruch finden.
    Machen sich die verantwortlichen Institutionen Gedanken, warum der Rettungsassistent eine schlechte Grundstimmung hat? Schlechte Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung, unsicherer Arbeitsplatz. Auch da könnte was geändert werden. Stattdessen lieber die Kollegen ein wenig auf sich rumhauen lassen.
    Wenn ihr kämpfen wollt, Schutzwesten tragen wollt, euch bewaffnen wollt, dann doch nicht als Rettungsassistent einer Hilfsorganisation. Da gibt es doch Möglichkeiten bei der BW o.ä.

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  6. Wie ich hörte , gehen andere Bundesländer noch viel weiter, und rüsten Rettungskräfte mit Stichschutzwesten und K.O.-Spray aus. Gut so !!!
    Wer Helfer angreift , soll die volle Wucht von Abwehrmaßnahmen zu spüren bekommen !
    Wem das nicht passt , der soll sich für ” amerikanische Verhältnisse” auch in -D- einsetzen, damit dafür gesorgt wird, das IMMER zuerst die Polizei vor Ort erscheint , und kein Paramedic vorher etwas unternimmt u. angegriffen werden könnte.
    Von Kollegen wurde berichtet , daß mittlerweile sogar ganze Rettungswagen leergeglaut worden sind. Ist doch dann bloß eine Frage der Zeit , wann RTW’s zu einem Scheineinsatz gerufen und dann ausgeraubt werden .

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  7. ich denke auch, dass eine Wochenendseminar nur einen Eindruck vermittelt. Um die die Handgriiffe sicher in einer Stressituation zu beherrschen bedarf es der regelmäßigen Übung. So gesehen stimme ich Johannes zu.
    Zu dem Thema Deeskalierung. Im Zeifelsfall ziehe ich mich zurück, wenn eine Situation unübersichtlich wird und rufe großzügig die Polizei zur Klärung. Punkt. Da diskutiere ich doch nicht mit Zugedröhnten. Wenn ich mich aber auf verbale Stereitereien und Rechthabereien einlasse, ist der Schritt zur körperlichen Fortsetzung nicht mehr weit. Wenn ich dann noch CS-Gas ziehe, brauch ich mich nicht wundern wenn ich zusammengeknüppelt werde. Denn, so wird es auch bei Krav Maga gelehrt: Angriff abwehren und auf und davon. Mit Schlägern sich auf eine Schlägerei einzulassen bedeutet zu verlieren, außer Du bist Kanpfsportler und bereit, die körperlliche Auseinandersetzung durchzuziehen.

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  8. Die angeführten Beispiele ala “man-kann-ja-weglaufen” sind doch völlig irrelevant. Um genau diese Fälle geht es nicht. Es geht um jene Fälle, wo man nicht so einfach weglaufen kann. _Dafür_ muss es einen Plan B oder sogar Plan C geben.

    Das verhält sich wie mit Unfällen.. haben will die keiner und doch passieren diese. Unvermittelt ist man in einer Situation, die man Sekunden vorher nicht erwartet hätte.

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  9. @charlie-zulu
    dann hilft aber ein WE Seminar nicht, da Du dabei nicht die Routine erlangst. Hier wird dann eine falsche Sicherheit suggeriert. Aber solche Fortbildungen sind besser als nichts.
    Gegen geplante Aktionen gegen das Personal (Scheineinsatz zwecks Fahrzeugklau) hast Du eh keine Chance.

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  10. Zur Info: Krav-Maga-Konzept Malteser basiert auf 4,5 Zeitstunden verbale Deeskalation, rechtliche Anmerkungen, Selbstverteidigung uvm. und nicht auf ein WE Seminar, heißt, weniger UE wie ein Kurs Lebensrettende Sofortmaßnahmen.
    Und welcher RA möchte zukünftig mit einer Qualifikation LSM Rettungsdienst fahren? Für mich ist diese Aktion ein Mediengag bei dem Krav Maga Defcon als einziger profitiert. Malteser sich lächerlich macht und der Teilnehmer sich im Rahmen seiner 30 stündigen Fortbildungspflicht Kinderwünsche erfüllt.

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  11. Ist doch gut wenn auch verbale Deeskalation als Thema behandelt wird, schließlich wird das doch auch von einigen hier favorisiert. Das den Mitarbeitern keine lebenslange Mitgliedschaft in einem Sportverein finanziert wird, welcher Krav Maga anbietet ( ist eh nicht so oft zu finden ) , dürfte auch relativ klar sein. Immerhin kostet das, zumindest wo ich geschaut hatte, 40€ p.P./Monat (Behördenrabatt schon eingerechnet).

    Es scheint eher als seien hier gewisse Erwartungshaltungen wesentlich zu hoch und völlig unrealistisch. Als ob jemand nach einem “insert-random-Lehrgang” ein Profi in dem gelernten wäre…

    Hier werden mögliche Lösungswege aufgezeigt und keine vollständige Nahkampfausbildung vermittelt.

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  12. Ich denke auch, dass auf alle Fälle der Schwerpunkt auf verbale Deeskalation gelegt sein muss. Selbstverteidigung kann immer nur das letzte Mittel der Wahl sein.

    Das Programm der Malteser hierzu kenne ich jetzt nicht genauer. Denke aber, dass mit diesem Zeitansatz eine nachhaltige Wirkung mit jährlicher Wiederholung angestrebt werden kann.

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