Chirurgen und Orthopäden kritisieren geplante Änderung des NotSanG

(Bild: Markus Brändli)Berlin (ots) – „Wir sprechen uns gegen die eigenständige Durchführung von invasiven Maßnahmen durch Notfallsanitäter aus“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Notfallsanitätergesetzes (Bundesrat, Drucksache 428/19) von heute (11.10.2019). Die Stellungnahme erfolgte offenbar in Abstimmung mit der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), dem Berufsverband Deutscher Chirurgen (BDC) und dem Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU).

„Eine Substitution ärztlicher Leistung gerade im Kontext einer Notfallsituation wird von uns zum Wohle und zum Schutz der erkrankten und verletzten Patienten abgelehnt. Die Bedeutung gut ausgebildeter Notfallsanitäter wird ausdrücklich bejaht. Eine Substitution ärztlicher Leistung hingegen führt im Schadensfall zur Frage der Übernahme juristischer Konsequenzen. Im Rahmen der Daseinsvorsorge kann vom Staat erwartet werden, eine ausreichende Struktur in der Notfallversorgung mit Notärzten, Notdienst tuenden Ärzten und Notaufnahmen der Krankenhäuser zu schaffen und zu unterhalten. Dies muss unabhängig von wirtschaftlichen Erwägungen bereitgestellt werden“, wird DGU-Generalsekretär und stellvertretender DGOU-Generalsekretär Prof. Dr. Dietmar Pennig im Vorfeld der 981. Plenarsitzung des Bundesrates zitiert. Die Sitzung findet am heutigen Freitag (11.10.2019) statt. Auf der Tagesordnung steht unter anderem der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Notfallsanitätergesetzes.

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In ihrer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem Gesundheitsministerium begrüßt die DGOU in Abstimmung mit der DGCH, dem BVOU und dem BDC eine klare Regelung des Tätigkeitsspektrums der Notfallsanitäter. Gerade im Notfalleinsatz entstünden besondere Herausforderungen, die für die Tätigkeit des hilfeleistenden Notfallsanitäters im Rahmen einer gesetzlichen Regelung festgeschrieben werden müssten. Jedoch sehe sie die deliktische Haftung für eine Maßnahme an Patienten, die durch einen Nicht-Arzt vorgenommen würde, als ausgesprochen problematisch.

Der Gesetzesantrag vom 10.09.2019 kommt aus den Ländern Bayern und Rheinland-Pfalz, die über den Bundesrat eine Initiative starten, um rechtliche Klarheit für Notfallsanitäter zu schaffen (wir berichteten). Demnach soll das Notfallsanitätergesetz um eine Regelung erweitert werden, die sagt, dass Notfallsanitäter zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten berechtigt sind.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Also bei uns fahren genügend Notärzte, die trotz Approbation keinen Plan davon haben, was sie gerade tuen oder froh sind, wenn wir dabei sind. abgesehen davon, ob nun mal Gesetzesänderung oder nicht, in Rheinland-Pfalz werden die NotSans seit neuestem nach Pyramidenprozess ausgebildet, und alle die ich davon kenne werden zu 100% danach handeln, wenn die Situation es erfordert, da man sonst wegen Unterlassung belangt werden kann und um ehrlich zu sein kein kompetenter NotSan einem Patienten beim Sterben zu sieht, nur weil er sich wegen der aktuellen rechtlichen Grauzone nicht traut, eine Maßnahme durchzuführen, die er beherrscht. Dieses Status-quo-Gedöhns von den Ärzten genauso wie diese Kompetenzverschiebung von vor allem übergeleiteten Kollegen gehen mir langsam echt auf den Keks und beides ist sowohl im Notfalls als auch bei dem zur Zeit einfach nicht behebbaren Ärztemangels, vor allem auf dem Land, unvorteilhaft.

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  2. So so, die Chirurgen. Nun geht es bei den angesprochenen, lebensrettenden und invasiven Maßnahmen erfahrungsgemäß äußerst selten um eine chirurgische Versorgung der Patienten. Mit Verwunderung nehme ich also zur Kenntnis, das sich gerade Chirurgen über die geplante Änderung im NotSanG beschweren. Hinzu kommt dann noch meine jahrelange Erfahrung und daraus resultierende Erkenntnis, das im Notarztdienst es meist die chirurgisch vorbelasteten Kollegen sind, die sich von so manchem Notfallsanitäter ruhig Mal was abgucken könnten, ja es gerade zu nötig hätten. Liebe Chirurgen, es geht bei der Lebensrettung nicht um OP’s, die kommen nach dem Einsatz der Notfallsanitäter! Kein Notfallsanitäter will eine OP veranstalten, sie wollen Leben retten und sie wollen rechtliche Klarheit haben.

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  3. Hier wird wieder einmal von ärztlicher Seite der Versuch unternommen erweiterte Maßnahmen durch Notfallsanitäter zu toroedieren. Das kann so nicht hingenommen werden. Zum einen ist der Notfallsanitäter rechtlich verpflichtet solche Maßnahmen die er erlernt hat und beherrscht anzuwenden um Schäden abzuwenden oder Leben zu retten andererseits soll er es aus ärztlicher Sicht nicht tun dürfen nur weil sich ärztliche Stabdesvertetungen darin sehen das darf nur der Arzt machen. Es soll ja nicht das Notarzt System ersetzt sondern nur ergänzt werden. Dazu ist noch zu sagen dass die Heilpraktiker laut dem Heilpraktikergesetz Maßnahmen ergreifen dürfen die ein Notfallsanitäter nicht darf. Das ist doch paradox. Natürlich sollten regelmäßig Schulungen stattfinden es kann auch über eine Überprüfung nachgedacht werden aber so kann es nicht bleiben wie die Situation derzeit ist. Ebenso gehört das Heilpraktikergesetz geändert sowie das BTMG..

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  4. Immer wieder schön…Gerade die Verbände der Chirurgen und Orthopäden…Wenn ich da an eine Rea zurück denke, bei der der Notarzt (seines Zeichens OA der Orthopädie) nur ganz irritiert den Larynxtubus anschaute und leider auch sonst nicht wirklich mit anderen Formen des Atemwegsmanagement vertraut war…Oder der chirurgische NA, der die hypertensive Entgleisung mit 3 Hüben Nitro, einer Bayotensin und 25mg Urapidil auf einen Schlag in die Bewusstlosigkeit befördert hat…und und und…fallen mir noch einige Sachen ein…Der NA, der unbedingt Heparin beim Apoplex will….etc….Da kann man doch froh sein, wenn man einen guten NotSan erwischt, der einem hilft. Aber leider will es unsere tolle Gesetzeslage so, dass grundsätzlich der Akademiker im Recht ist.
    Zum Glück hat sich das in der Baubranche noch nicht etabliert…Man stelle sich den Architekten mit zwei linken Händen vor, der einem das Haus mauert…Naja, muss man wohl so hinnehmen…Aber da frage ich mich einfach, für was ich für die Prüfung 30 Algorithmen einstudiert habe.

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  5. Der einfältige, lediglich zweijährig ausgebildete RettAss wurde neutralisiert. Leider wird wieder und wieder vergessen , wer am Ende erfolgreich dafür sorgte das die Ausbildungszeit letztlich nur 2 Jahre betrug. Endlich wurde dann der NotSan etabliert , welcher nicht nur intellektuell viiiiiel besser als jeder RettAss agieren wird. Auch im sechsten Jahr werden vermeintliche Pflichten in der Berufsausübung immer noch irrigerweise mit dem Regularium der Berufsausbildung exkulpiert und begruendet. Die Ansprurche an den NotSan wurden lediglich genauer bedchrieben, und zwar so wies es die Arbeitsrealitaet der RettAss seit 1989 zeigten.Revolutionaer vetbessert wurde da nix.Im Übrigen:Um 1991/92 erging bereits Rechtsprechung, das der RettAss nicht unter das Heilpraktikergesetz fällt. Ich bin Zeitzeuge. Bitte erkläre mir jemand, warum jetzt der qualitativ bessere Notsan nun unter dieses Gesetz fallen soll. Das widerspricht der Annahme das der NotSan per Definition “besser” ist als sein Vorgänger. Wenn der NotSan im Jahre 6 nicht entsprechend seiner Ausbildung agieren soll , warum wurde dann das bis 31.12.2013 bestehende Qualifikationsprofil abgelöst? Der NotSan ist im Ergebnis ein unuberlegtes Ansinnen, anderenfalls wäre das ewige juristische Dilemma der RettAss gleich aufgeloest worden. BtmG, HeilPG als Stichworte.
    Schilda lässt beständig gruessen. Andere Länder lachen uns aus. Wo bleibt hier in diesem Thema der Geist eines PDCA und KVP.
    Gretscht die Gynäkologie dem Personal der Geburtshilfe eigentlich ebenso in die Beine, ist der ärztliche Leiter Geburtshilfe entsprechend etabliert?

    Das System wird täglicher absurder, Ideologie steht weiter und weiter über Notwendigkeiten der Realität.
    Dann muss konsequenterweise jedes Rettungsmittel und jeder Einsatz ausschlieslich durch Ärzte bedient werde, ohne wenn und aber.

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  6. Warum kopiert man nicht einfach das Schweizer System…dort gibt es einen sehr gut ausgebildeten “Sani”..der ohne Probleme BTM´s applizieren darf. Der NA ist dort entweder nur in Form des REGA Arztes verfügbar…oder eher selten ständig bodengebunden, ggl. kommt der” NA-light” 🙂 zum Einsatz der hochqualifizierte Anästhesiepfleger…Irgendwie schaffen es die Schweizer das ganze rechtlich abzusichern. Ich habe mir bewusst den Vergleich mit Paramedicsystemen geschenkt…Auch kenne die Schwierigkeiten in der ambulanten Pflege, wenn ich gerne die Insulindosis ändern möchte, aber dazu eigntlich den Hausarzt fragen müsste, der aber am Wochenende oder nachmittags nicht erreichbar ist…spritz ich nun in ein eigener Verantwortung mehr..oder ignoriere ich den erhöhten Wert und mache “Dienst nach Vorschrift”

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  7. Ich habe hier im Forum, in anderen Foren und auch in der Vergangenheit.in Foren einige Beitäge gelesen, wenn es um Maßnahmen geht, die bisher Ärzten vorbehalten sind. Ich bin seit Jahrzehnten in diesem Bereich tätig. Mittlerweile nur noch als Aushilfe. In einigen Kommentaren wird leider viel Schwarz Weiß Malerei betrieben. Auf der einen Seite die bösen Ärzte die es weniger gut können, insbesondere Assistenzärzte und die tollen RA, NFS die es ja so gut können und nicht lässt. Gern wird von einigen auch das Ausland genannt und die Länder die ja so ein tolles Paramedicsystem haben. Ich weiß selber das in den USA, England es auch Probleme gibt. So toll sind die Paramedicsysteme auch nicht. Der böse Fingerzeig der von einigen Kommentatoren in Richtung Ärzte gemacht wird ist nicht unbedingt hilfreich. Sicher gab es vorher unter den RA und gibt es jetzt unter den NFS manchen der manche Maßnahmen die bisher dem Arzt vorbehalten besser kann oder genauso gut. Kenne ich auch aus eigener Erfahrung. Es ist auch richtig, das es unter den NA einen Teil gibt die nicht sonderlich toll sind, von der Tendenz unter den Assistenzärzten ein wenig mehr als unter den FA. habe ich auch selbst erlebt. Es gibt aber eine relativ gute Zahl an NA, auch unter den Assistenzärzten, die Ihre Tätigkeit schon sehr gewissenaft und vernünftig meistern. Ich muss aber auch feststellen, das sowohl unter den RA, RA zum weitergeldeten NFS und den jetzt ausgebildeten NFS es auch relativ große Schwankungsbreite gibt. Einigen von diesen kann man Maßnahmen die bisher dem Arzt vorbehalten sind, nicht guten Gwewissens anvertrauen. Vor allem wenn man in bestimmten Situationen Maßnahmen von Nichtärzten durchführen lässt, erfordert dieses eine gewisse Übung. Wenn man manche Bf nimmt, die am RD teilnimmt, wo Leute nur 2-3 Monate im Jahr im RD tätig sind, fehlt sicher etwas die Übung. Statt gegenseitigem bösen Fingerzeig, sollte man lieber sich mal gemeinsam an einne Tisch setzen und nach einem sinnvollen Kompromiß in dieser Frage suchen.
    Um eines vorweg zu nehmen ich bin für die Beibehaltung des NA Systems.
    Im folgenden Beitrag werde ich diese näher erläutern.

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  8. Fortsetzung
    Ich bin für die Beibehaltung des NA Systems. Hin und wieder kommt es schon zu gewissen Reibereien in der Notaufnahmen oder in der Krankenbeförderung wenn man Patienten übergibt oder abholt. Ein Teil der Pflegekräfte und Ärzte nicht sonderlich wertschätzend ist. Es hängt immer davon ab, wer gerade Dienst hat. Bei den Ärzten die auch im RD als NA tätig sind gibt es schon bei einem Teil noch eine gewisse Wertschätzung, Respekt gegenüber dem RD Personal.
    Ein Kompromiß könnte sein, das wenn große Zeitdifferenzen bestehen bis der NA eintrifft in bestimmten Situationen rechtsicher Maßnahmen die dem NA vorbehalten sind durchführen darf.
    In Situationen wo ein NA eine größere Zeitdifferenz bis zum Eintreffen hat und es um Schmerzbekämfung geht, wäre mal zu überlegen, ob man nicht wie in anderen Ländern, in Situationen wo es die Situation es erlaubt Lachgas anwendet, da dieses weniger invasiv ist.
    Um die Kompetenz zu verbessern, bei den NA müssten einmal der Lehrgang wenigstens auf 120 Stunden aufgestockt werden. Zudem müssten Studenten schon während des Med Studiums mehr Berührung mit der Notfallmedizin haben. Diese durch zusätzliche Stunden in diesem Bereich und Praktika auf verschiedenen RD-Mitteln.
    Notärzte, die nicht in der Klinik tätig sind, sollten duch entsprechende Praktika von Zeit zu Zeit in der Anäesthesie in der Intubation fit halten.

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  9. Und was sagen die Zahnärzte dazu ?

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  10. @Andreas Hasselmann
    Im bodengebundenen Rettungsdienst ist es von Kanton zu Kanton verschieden. In einigen Kantonen ist es so wie von Ihnen beschrieben. Es gibt aber auch Kantone die bei bestimmten Indikationen auch im bodengebundenen RD einsetzen.

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  11. Seit spätestens 1972 immer wieder das gleiche Klagelied und Gemosere anderer Berufsgruppen über die Tätigkeit von Rettungsdienstpersonal, welches 1966 begann.

    53 Jahre !!!! Entschuldigung , was soll das ?

    Traurigerweise schaftt es die Berufsgruppe der Träger und Fahrer allerdings auch nicht, sich zu emanzipieren.

    Konsequenterweise muss als Reaktion der Position der Fachgesellschaften und Standesvertreter die generelle Arztbetreuung jedweden Ensatzes, egal ob KTP oder Notfall etabliert werden. Alles andere würde die Scheinheiligkeit der mahnenden Bedankenträger entlarven

    Die Dokumente von 1966 , 1972/73 ,1977, 1983 und 1989 zur (versuchten) Gesetzesgebung für eine geregelte einheitliche 3 jährige Ausbildung im Rettungsdienst sind im Internet ohne grossen Aufwand zu finden. Schaut selbst. Intressant ist auch der Spiegel 21/1972.

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  12. Danke für den Beitrag zur Änderung des NotSanG. Mir war gar nicht bewusst, dass Chirurgen und Orthopäden es kritisieren. Nun weiß ich warum und bin ich informiert.
    https://www.orthopaedie-schwar.at/

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