Angriff auf Rettungskräfte: Rückzug ist die beste Verteidigung

Bremen (rd_de) – Das Mitführen von Schutzwesten sowie Gegenständen zur Selbstverteidigung im Rettungsdienst taucht immer wieder in Diskussionen auf. Viele Rettungsdienst-Mitarbeiter lehnen solche Utensilien ab. Welche Alternativen gibt es?

Die Gefahr einer zum Beispiel durch Schutzwesten und Pfefferspray bedingten Provokation – besonders bei intoxikierten Patienten – und entsprechenden Eskalation der Lage wird von Kritikern dieser Ausrüstungsgegenstände als besonders hoch erachtet.

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Die Anwendung von Maßnahmen zur Selbstverteidigung bzw. Abwehr darf darüber hinaus nur bei direkter Gewaltausübung bzw. einem direkten Angriff auf eine Person im Sinne der Notwehr (Paragraph 32 StGB) erfolgen, wenn keine Rückzugsmöglichkeit besteht.

Das heißt: Dort, wo auf Grund hoher Gewaltbereitschaft alle Versuche einer Deeskalation nichts bringen oder man unvorhersehbar in eine derartige Situation gerät, bleibt dem Rettungsteam nur der Rückzug. Er wird durch Gestik (Zeigen der Handinnenfläche bei ausgestreckten Armen) und dem Hinweis: „Wir werden jetzt wieder gehen“, begleitet.

Rückzug ist also die beste Verteidigung, auch wenn dadurch Versorgungsmaßnahmen unterbrochen und ein behandlungsbedürftiger Patient vorerst zurückgelassen werden muss – die eigene Sicherheit hat hier oberste Priorität.

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(Text und Foto: Steffen Diegmüller, Notfallsanitäter, OLRD/OrgL, Praxisanleiter; 06.06.2017)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. “oder man unvorhersehbar in eine derartige Situation gerät, bleibt dem Rettungsteam nur der Rückzug.”

    Ja, schön, liebe Kollegen. Dass ist ja immer sehr schnell daher gesagt, nur wird der eine Punkt bei diesen ganz Beispielen immer konsequent ausgelassen: Was ist, wenn es keine Möglichkeit zum Rückzug gibt?!
    Pfeffer- oder anderes Abwehrspray verschafft einem Zeit für eben genau diesen Rückzug. Eine Schutzweste schützt, falls man eben nicht aus der Situation heraus kommt. Dann kann es nämlich schon mal wirklich grässlich werden.
    Wieso wird auf diese Punkte nicht eingegangen?

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  2. @Thomas
    Auf diese Punkte wird eingegangen, und zwar in der aktuellen Ausgabe des Rettungs-Magazins (3/2017). Darauf weisen wir am Ende des Online-Beitrags auch hin.

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  3. Ok, in Ermangelung der Papierausgabe habe ich in den Offline-Artikel keine Einsicht. Online, also hier, wird jedoch mit keinem Wort auf derartige Situationen eingegangen. Es wird der Anschein erweckt, als wäre ein geordneter Rückzug immer problemlos und gewaltfrei möglich, selbst, wenn man unvorhergesehen(!) in so eine kritische Situation gerät.
    Der Paragraph bezüglich der Anwendung von Maßnahmen zur Selbstverteidigung klingt auch eher sehr einschüchternd, im Sinne von “Man darf sich nur Verteidigen, wenn man bereits verprügelt wird”. Auch das halte ich für falsch, denn man muss den Täter nicht den ersten Schlag oder gar Messerstich gewähren lassen, bis man sein Leben verteidigen darf. Bereits die Androhung von derartigem durch den Täter, entweder verbal oder mit entsprechenden Gesten, stellt ein Angriff gegen die Kollegen dar.
    Das Bild zum Artikel stellt zudem ein Angriff mit einem Messer auf eine Kollegin dar, also eher eine Situation “versuchter Totschlag” oder gar “versuchter Mord”.
    Derartiges mit so wenig Worten abzuhandeln ist meines Erachtens leider etwas dürftig. In einer derartigen Situation (wie im Bild dargestellt) geht es um Leben und Tod – und zwar um unseres!

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  4. Zu Thomas

    Die Werbung im Fernsehen von z. B. Fastfood-Unternehmen soll Dich auch nicht satt machen, sondern Dich dazu bringen, von denen entsprechende Artikel zu erwerben, um Dich satt und die reich zu machen!
    Willkommen im Leben!

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  5. Was für eine ” weichgespülte” Laberei ohne Realitätsbezug! Wie oft müssen die Helfer von Feuerwhr , RD , THW , Kat.-Schutz usw. noch angegriffen und verletzt werden , damit sie das Recht haben , sich zu verteidigen! Gilt das GG Art.2 nichtmehr oder nur noch für “bevorzugte” Randgruppen?
    Von einem Berliner RD-ler habe ich realitätsnahes Verhalten gelernt : Beim geringsten Anzeichen von Agression : Tür zu lassen , gar nicht erst aussteigen und nur noch unter Polizeischutz handeln. ” So machen wir das in Berlin nur noch, versuch doch mal mit Zugedröhnden oder Cholerikern auf “180” zu disskutieren …”
    Recht hat er ! Traurig , daß über den Schutz von RD-lern überhaupt disskutiert wird ! Ich helfe jedenfalls nirgendwo , wo ich oder die Kollegen angegriffen werden , egal auf welche Art. Wie heißt ein oberster Leitsatz im RD : ” Wer am lautesten schreit , braucht am wenigsten Hilfe” .

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  6. Liebe Redaktion.
    Auch vom Bild her…
    IMHO symbolisiert es das oft erzählte, jedoch absolut nicht praktikable “schütze dich mit deinem Einsatzmaterial”.

    Unabhängig ob es eine weibliche Kollegin ist – in einer solchen Situation “mal schnell” den Rucksack vorheben wird nicht funktionieren.

    Es ist viel mehr Situational Awareness, Training, klare Grenzen und Mut zum Rückzug bei Bauchgefühl notwendig.

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