Die Besonderheiten eines Einsatzes im Alten- und Pflegeheim

Bremen (rd_de) – Kaum ein Tag vergeht, an dem der Rettungsdienst nicht zu einem Alten- oder Pflegeheim gerufen wird. Bei so intensiven Kontakten sollte die Zusammenarbeit zwischen Rettungskräften und Pflegepersonal reibungslos laufen. Das ist aber nicht der Fall. Deshalb unsere 10 Tipps, wie der Einsatz in einem Alten- und Pflegeheim besser funktioniert.

Die Mitarbeiter im Rettungsdienst kennen meist die Alten- und Pflegeheime in ihrer Region gut, da sie hier nahezu täglich willkommen geheißen werden. In der Regel führt sie ein Krankentransport hier her, um Senioren per Krankenwagen in eine Klinik oder zur Dialyse zu bringen. Schnell werden dem Retter die Häuser dadurch vertraut. Der Rettungssanitäter kennt die Laufwege, den typischen Geruch und zumindest vom Sehen den einen oder anderen Bewohner und Mitarbeiter des Pflegepersonals. Unterschwellig entsteht der Eindruck: So ein Alten- und Pflegeheim ist nichts anderes als die „Light-Version“ eines Krankenhauses. Pflegefachkräfte, Menschen mit Mobilitätseinschränkung und medizinische Apparaturen wie Infusionsständer oder Inhalatoren tragen dazu bei, diesen Eindruck zu verstärken.

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Kommen dieselben Rettungsdienst-Mitarbeiter in der nächsten Schicht als Besatzung eines Rettungswagens diesmal wegen eines Notfalls in das Alten- und Pflegeheim, besteht die Gefahr, nachlässig an den Einsatz heranzugehen. Man glaubt, die Situation im Voraus zu kennen und sich auf vertrautem, sicheren Terrain zu bewegen. Eventuell verzichtet das Team zum Beispiel darauf, die komplette Notfallausrüstung mitzunehmen. Das Rettungsteam unterliegt der irrigen Annahme, dass die Pflegekräfte auf der Station eigene Geräte haben, um Notfälle zu beherrschen.

Statt nachlässig in einen Einsatz in einem Alten- und Pflegeheim zu gehen, ist dieselbe Aufmerksamkeit und Sorgfalt wie bei jedem anderen Einsatz erforderlich. Gerade diese soziale Einrichtung umfasst viele Besonderheiten, die es zu berücksichtigen gilt, um die Pflegebedürftigen optimal zu versorgen.

10 Tipps für Einsätze im Alten- und Pflegeheim

Wir haben deshalb 10 Tipps zusammengestellt, damit Rettungseinsätze in Alten- und Pflegeheimen reibungslos verlaufen:

1. Die Adresse genau prüfen. Nicht selten haben Heime gleichlautende Namen oder ähnliche Stationen, befinden sich jedoch räumlich voneinander getrennt. Neben dem Patientennamen müssen deshalb auch die Station sowie Zimmernummer bekannt sein.

2. Gleich beim Eintreffen klären, ob es sich (tatsächlich) um einen Notfall oder einen planmäßigen Krankentransport handelt. Hierfür die Transportverordnung prüfen. Eventuell ist darauf nur ein Taxi vermerkt.

3. Steht ein Aufzug zur Verfügung, sollte zumindest ein Kollege mit einem Teil der Ausrüstung durchs Treppenhaus gehen. Das verkürzt die Wartezeit und ist eine Sicherung, falls der Aufzug steckenbleibt.

4. Das komplette Equipment (Defibrillator, EKG usw.) mitnehmen. Altenheime sind barrierefrei, sodass die Geräte auf die Fahrtrage gelegt und zur Einsatzstelle geschoben werden können.

5. Das Pflegepersonal einbinden: Die Mitarbeiter der Station kennen sowohl ihre Einrichtungen als auch die Bewohner und können so wichtige Hinweise zum Beispiel hinsichtlich der Anamnese geben.

6. Im Rahmen der Anamnese einen Blick auf die Dauermedikation werfen. Gelegentlich kann es sinnvoll sein, bei stationären Einweisungen seltene Medikamente mitzunehmen.

7. Allergie- und Impfpässe sowie Patientenverfügung und Krankenkassenkarte mit ins Krankenhaus nehmen. Zusammen mit möglichen weiteren Dokumenten wie Röntgenbildern und persönlichen Gegenständen des Patienten (zum Beispiel Gehhilfen) bei den Übergaben im Heim und in der Klinik jeweils quittieren lassen.

8. Der Erstkontakt zum Patienten erfolgt über eine Pflegefachkraft: Sie ist für den Patienten eine vertraute Person. Ihr gelingt es vermutlich am besten, dem Patienten seine Angst vor dem Transport und zum Beispiel dem Krankenhaus zu nehmen.

9. Das Bewohnerzimmer ist mit einem Wohn- und Schlafzimmer des Patienten zu vergleichen. Es sollte nicht mit der nüchtern-sterilen Atmosphäre eines Patientenzimmers im Krankenhaus verwechselt werden. Deshalb ist es angebracht, wenn der Rettungsdienst hier zurückhaltend und rücksichtsvoll auftritt.

10. Klagen mehrere Bewohner zeitgleich über die gleichen Beschwerden, sollte an eine Pandemie (Stichwort: MANV) oder Lebensmittelvergiftung gedacht werden. Umgehend hat eine Rückmeldung an die Leitstelle zu erfolgen.

(Text und Fotos: Uwe Kippnich, Dozent im Rettungsdienst, Krankenpfleger, OrgL, Örtlicher Einsatzleiter (ÖEL), EU-Team-Leader; zuletzt aktualisiert: 09.11.2018) [5031]

 

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Eine Standradliste. Die Punkte 5 und 8 stehen meiner Realität in Pflege- Wohneinrichtungen entgegen! Fachkräfte sind Mangelware und oftmals hat das Personal nach eigener Aussage keine Ahnung. “Der Bewohener ist neu, ich bin neu, komme aus dem Urlaub, nicht meine Station, weiß auch nicht, ist erst seit gestern so kachektisch,…….” So stellt es sich vielerorts dar.

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  2. wichtig ist auch, dass Informationen über einen möglichen gesetzlichen Betreuer / Bevollmächtigten mitgenommen werden. Am besten eine Kopie des Betreuerausweises, da sich daraus auch die zuständigen Aufgabenkreise ergeben.
    Eine Behandlung in nur mit Einwilligung des Patienten möglich. Ist dieser nicht mehr einwilligungsfähig, muss der Vertreter im Recht aufgeklärt werden und seine Einwilligung geben.

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  3. Ich finde diesen Artikel über Einsätze im Alten- und Pflegeheim sehr interessant. Es ist in der Tat so, dass man hier auf bestimmte Dinge achten muss. Deshalb finde ich es sehr gut, dass Sie eine Liste von Tipps gemacht haben. Punkt 2 ist wichtig, da nicht immer ein Krankenwagen benötigt wird.

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  4. Im Altenheim meiner Oma ist es auch schon öfter zu Missverständnissen gekommen. Der Tipp zu klären, um welche Art der Krankenfahrt es sich handelt, kann dies sicher verbessern. Schließlich soll sowohl Notfälle als solche Vorrang haben als auch routinemäßige Fahrten mit der nötigen Ruhe vonstattengehen.

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