35 Jahre Christoph 14

Traunstein (BRK/cs/ml) – Über 39.000 Einsätze: Seit 35 Jahren ist der orangefarbene Rettungshubschrauber „Christoph 14“ unterwegs, um schnellstmöglich Leben zu retten oder Kranke und Verletzte zu transportieren. Hinter dem Namen steht eine Mannschaft aus Piloten, Notärzten und Rettungsassistenten des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Sie alle haben eins gemeinsam: die Faszination fürs Fliegen. Diese Leidenschaft erleichtert manchmal die oft schwierigen und anstrengenden Aufgaben. Allein in diesem Jahr wird „Christoph 14“ erstmals die Rekordzahl von 1.600 Einsätzen überschreiten. Dabei nimmt auch die Zahl an Rettungen in den Bergen und in schwierigem Gelände zu, wo oft das Rettungstau benötigt wird.

Im Herbst 1976 ist Traunstein nach München und Nürnberg der dritte Standort in Bayern, der vom damaligen Bundesinnenminister Werner Maihofer einen Rettungshubschrauber zum ständigen Einsatz am Stadtkrankenhaus Traunstein zugeteilt bekommt. Die Maschine war zunächst eine gelb lackierte „BO 105“ – 20 Jahre später wurde sie durch eine fast baugleiche Maschine ersetzt – mit mehr Leistung und einer neuen medizinischen Rückwand. 2007 startet erstmals der neue „Christoph 14“ – ein „Eurocopter 135T2i“ – einer der modernsten Rettungshubschrauber Europas. Seine technischen Daten sind beeindruckend: Die maximale Geschwindigkeit liegt bei 290 Kilometern pro Stunde. Dabei haben die Maschinen eine Turbinenleistung von zwei Mal 587PS und mit einer Tankfüllung können sie bis zu 650 Kilometer zurücklegen. Außerdem besitzt „Christoph 14“ eine neuartige Navigation mit einer digitalen Karte, die eine schnellere Orientierung ermöglicht und damit das Auffinden eines Patienten sehr erleichtert. Zudem warnt ein weltweit einzigartiges Lasergerät unter der Kuppel des Hubschraubers den Piloten vor Stromleitungen und Hindernissen. Zur medizinischen Ausrüstung gehört eine umfangreiche Kindernotfall-Ausstattung, ein hochmodernes Beatmungsgerät und ein EKG, dessen Daten zur Auswertung direkt auf die Intensivstation der Zielklinik gesendet werden kann.

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70 Kilometer Einsatzradius

Durch seine Leistung erweiterte sich der Einsatzradius von „Christoph 14“ auf 70 Kilometer um Traunstein – auch im benachbarten Österreich wird „Christoph 14“ gelegentlich von den zuständigen Leitstellen angefordert. Um einen lückenlosen Betrieb zu ermöglichen, sind für die Luftrettungsstationen Traunstein und Kempten drei baugleiche Maschinen im Einsatz. Die aktuelle Dienstmaschine hat seit ihrem Premierenflug an die 1.500 Flugstunden hinter sich, „wobei sie nie alt wird“, erklärt Chefpilot Markus Pabst, „denn sie wird alle 100 Flugstunden gründlichst gewartet und ständig werden Teile erneuert.“ In wenigen Wochen gibt es wieder etwas Neues für „Christoph 14“: ein neuer Parkplatz mit Schienenheizung. Die jahrzehntealte Plattform vor dem Hangar auf dem Dach des Traunsteiner Klinikums wird erneuert und ist künftig dreißig Zentimeter niedriger und besitzt eine Auffahrrampe. Somit ist es für die Besatzung künftig leichter, Patienten ein- und auszuladen. Zur Crew von „Christoph 14“ gehören 20 Piloten der Bundespolizei-Fliegerstaffel Oberschleißheim, die die Luftrettungsstationen Traunstein und Kempten fliegerisch betreut, und 20 Notärzte aus dem Traunsteiner Klinikum, die für den Hubschrauber-Bereitschaftsdienst zur Verfügung stehen. Vollständig ist das Team mit den sechs Luftrettungsassistenten des Traunsteiner BRK-Kreisverbandes.

Die Führungscrew von „Christoph 14“

Dr. Markus Ewald (Foto: BRK)
Dr. Markus Ewald (Foto: BRK)

Hinter den steigenden Einsatzzahlen von „Christoph 14“ stehen viel Organisation, Aus- und Fortbildung, die in Händen eines Führungsteams liegen. Dazu zählen Polizeihauptkommissar Markus Pabst als leitender Stationspilot, Dr. Markus Ewald als leitender Hubschrauber-Notarzt und Robert Portenkirchner als leitender Luftrettungsassistent des BRK, oder in der Fachsprache „Helicopter Emercency Medical Service Crew Member“ (HCM) genannt. Markus Pabst ist gebürtiger Bonner und wollte eigentlich Mitglied einer Spezialeinheit werden, bis ihn während seiner Polizeiausbildung „die Fliegerei faszinierte.“ Dr. Markus Ewald ist in Übersee aufgewachsen und hat den „Hubschrauber-Virus“ von seinem Vater geerbt, der beim Aufbau des ersten Rettungshubschrauberbetriebs von „Christoph 1“ in München mit dabei gewesen ist. Das Fliegen begeisterte Markus Ewald so sehr, dass er bis vor einigen Jahren mit einem Hängegleiter von den Bergen geschwebt ist. Sein kleiner Sohn scheint ähnlich zu sein, denn wenn Papa Dienst hat und „Christoph 14“ übers Elternhaus bei Traunstein fliegt, eilt der Kleine auf die Wiese und winkt mit einer Fahne.

Robert Portenkirchner ist seit 2005 im Hubschrauberdienst und wollte seinen Beruf als Rettungsassistent beim Roten Kreuz durch die Zusatzausbildung in der Luftrettung erweitern. Schon als Neuling im Rettungsdienst war er „von der Rettungsfliegerei begeistert und bin bis heute glücklich darüber, dass ich mir diesen Traum erfüllen konnte. Die Arbeit gibt mir, trotz vieler Strapazen, das Gefühl etwas Sinnvolles tun zu können.“

Einsatzzahlen steigen ständig

Die Zahl der jährlichen Einsätze steigt rasant: von gut 100 im ersten Jahr, sind es 1980 bereits über 700 und 30 Jahre später mehr als das Doppelte. Zu seinen etwa 1.600 Starts in diesem Jahr zählen für „Christoph 14“ vor allem die Rettungseinsätze, bei denen die Hubschrauber-Crew zu akuten Situationen alarmiert wird, wie etwa

Rettungstau im Einsatz (Foto: BRK)

ein Verkehrsunfall oder Verdacht auf Herzinfarkt. Daneben gibt es sekundäre Einsätze, bei denen es sich um äußerst dringende Verlegungsflüge von Krankenhaus zu Krankenhaus handelt, um dem Patienten eine spezielle Versorgung zu ermöglichen. Immer wichtiger werden die Einsätze mit dem Rettungstau: Bereits in diesem Jahr kam das Verfahren 54 Mal zum Einsatz. Das Tau wird an der Doppellasthakenanlage der Maschine befestigt und kann bis zu 90 Metern in die Tiefe verlängert werden. Meist handelte es sich bei diesen Einsätzen um Rettungen aus unwegsamem Gelände, wie in den Bergen, aus dichten Wäldern oder aus dem Wasser. „In diesem Jahr hatten wir bereits sehr viele Einsätze mit dem Rettungstau“, resümiert Chefpilot Markus Pabst, „wohl auch, weil immer mehr Bergsportler unterwegs sind.“ Eine enge Zusammenarbeit mit der Bergwacht Bayern ist hier sehr wichtig, um gemeinsam die oft schwierigen Einsätze sicher bewältigen zu können. Eine wichtige Rolle nimmt hier der Rettungsassistent des Roten Kreuzes ein: Da der Pilot während des Einsatzes mit dem Rettungstau den Bereich unterhalb der Maschine nicht einsehen kann, steht der Luftrettungsassistent gesichert auf der linken Kufe des Hubschraubers. „Er ist quasi mein verlängertes Auge“, beschreibt es Pilot Markus Pabst, „denn er informiert mich per Funk über Hindernisse und teilt mir mit, wann Retter und Patient am Tau eingehängt werden.“

Mehrere Hubschrauber im Einsatz

Sollten sowohl der reguläre Hubschrauber als auch die orangefarbene Ersatzmaschine wegen technischer Probleme nicht zur Verfügung stehen, wird kurzfristig ein blauer Verbindungshubschrauber der Bundespolizei eingesetzt. Auch kommt es vor, dass „Christoph 14“ bereits bei einem Einsatz gebunden ist und ein weiterer Rettungshubschrauber benötigt wird. Dann helfen die umliegenden Luftrettungsstationen aus. „Im Sommer, wenn bei schönem Wetter erfahrungsgemäß besonders viel los ist, kann es passieren, dass in unserem Rettungsbereich zur selben Zeit gleich mehrere Rettungshubschrauber im Einsatz sind“, erklärt Robert Portenkirchner. Umgekehrt eilt „Christoph 14“ auch den Nachbarregionen zu Hilfe, wenn er verfügbar ist. Landet „Christoph 14“ in der Nähe des Notfallortes, taucht dort wenig später auch ein Rettungswagen auf. „Da das Auto mehr Platz bietet, können wir dort instabile Patienten besser versorgen und sie dann später bei Bedarf mit dem Hubschrauber transportieren“, erklärt Portenkirchner. „Der Rettungshubschrauber ist vor allem dafür da, schnellstmöglich einen Notarzt zum Einsatzort zu bringen und hat den Vorteil, aus der Luft einen guten Überblick zu haben und auch schwieriges Gelände, wie eine abgelegene Wiese oder Einsatzorte am Berg, erreichen zu können, was für einen Rettungswagen manchmal nicht möglich ist.“ Ist der Patient versorgt, entscheidet der Notarzt, wie er in die Klinik transportiert wird: In sehr eiligen Fällen fällt die Wahl auf den Rettungshubschrauber, ansonsten ist dieser wieder frei verfügbar für den nächsten Einsatz.

„Christoph 14“ stürzte drei Mal ab

Zu den schwarzen Tagen in der Geschichte von „Christoph 14“ zählt der 30. März 1982, als der Rettungshubschrauber bei Kastl abstürzt – glücklicherweise überleben alle drei Besatzungsmitglieder, waren aber schwer verletzt. Schlimmer ist der Unfall genau ein Jahr später: Auf dem Rückflug von Berchtesgaden nach Traunstein geriet die Maschine in einen Schneesturm und stürzte bei Gröben-Teisendorf ab – Pilot, Notarzt und Rettungsassistent kamen ums Leben. Im August 1989 hatte „Christoph 14“ mehr Glück: Der Rettungshubschrauber berührte südlich von Mettenheim eine Starkstromleitung, aber dem Piloten gelang es zum Glück die Maschine sicher in einer Wiese zu landen, obwohl die Hubschrauberzelle und ein Rotorblatt beschädigt waren. Zu den tragischsten Einsätzen zählte im Jahr 2000 das Unglück am Kitzsteinhorn, denn hier konnte die Besatzung keinem der Opfer mehr helfen. Auch der Eishallen-Einsturz in Bad Reichenhall 2006 wird allen Einsatzkräften im Gedächtnis bleiben. Trotz Schneetreiben und einsetzender Dunkelheit fliegt „Christoph 14“ zum Unglücksort, wo über 700 Helfer zusammenkommen. Der Rettungshubschrauber übernimmt den Transport eines Mädchens nach Salzburg, das leider kurz nach der Einlieferung verstirbt.

Geburt im Rettungshubschrauber

Die Mannschaft von „Christoph 14“ erlebt viel – auch glückliche Momente, wie die Geburt der kleinen Janine im März diesen Jahres: Das Mädchen hatte es besonders eilig und kam im Rettungshubschrauber auf die Welt, der zuvor auf einem Acker bei Taching gelandet war. Viel Glück war auch bei der Versorgung eines sechsjährigen Jungen dabei, der sich auf der Blaueishütte das Bein gebrochen hatte: Dichte Nebelschwaden verhinderten zunächst die Landung von „Christoph 14“, „bis sich plötzlich ein Loch im Dunst auftat und wir durch konnten“, erinnert sich Pilot Markus Pabst. Beim Abflug wieder dasselbe: nach geduldigem Warten riss irgendwann die Nebeldecke kurz auf, so dass die Maschine mit ihrem jungen Patienten an Bord sicher in Richtung Krankenhaus fliegen konnte.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. MoinEcht schlimmer Unfall wo bei es zum Glfcck keine Toten gab. Ich habe in andreen Zeitungen gelesen das angeblich bis zu 30 Rettungswagen und eine hohe Anzahl von Note4rzten am Einsatzort waren. Ich frage mich nur wo kommen diese alle her ?

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