„Übertriebener Datenschutz gefährdet Menschenleben“

(Bild: Markus Brändli)Berlin (DGU) – Die verschärften Datenschutzregulierungen scheint Löcher in das bisher dichte Datennetz der Unfallchirurgen zu reißen. Das TraumaRegister DGU der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) weist immer weniger Behandlungsverläufe von Schwerverletzten auf, obwohl sie behandelt wurden.

Als Ursache dafür hat die DGU die 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ausgemacht. Seitdem gebe es erhebliche formale und inhaltliche Unsicherheiten und Hürden, wenn Unfallchirurgen das Einverständnis der Patienten für die Aufnahme von Versorgungsdaten in das Register einholen wollten, um der Forderung zur externen Qualitätssicherung nachzukommen. Die Einwilligungserklärung stelle bei Schwerverletzten regelmäßig eine organisatorische und ethisch höchst schwierige bis unlösbare Herausforderung dar.

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Daher fordern Experten nun erneut eine gesetzliche Regelung, damit das Register auch ohne Einwilligungserklärung lückenlos weiter betrieben werden kann.

„Seit über zwei Jahren setzen wir uns dafür ein, dass wir pseudonymisierte Daten rechtssicher verwenden dürfen. Datenschutz ist gut und richtig. Aber übertriebener Datenschutz macht unser seit fast 30 Jahren bestehendes TraumaRegister nun zunichte und gefährdet damit Menschenleben“, kritisiert DGU-Präsident Prof. Dr. Michael J. Raschke.

Die TraumaRegister-Daten sind Kernstück der nationalen Qualitätssicherung in der Schwerverletztenversorgung. Doch die DSGVO macht Qualitätssicherung und Registerforschung zur Verbesserung der Schwerverletztenversorgung zunehmend unmöglich. Es bestehe die Gefahr, dass die Daten künftig nur noch eingeschränkt die Realität widerspiegeln, heißt es in einer Mitteilung der DGU. Dies würden auch aktuelle Zahlen belegen: Knapp 30.000 neue Datensätze wurden pro Jahr im TraumaRegister DGU von den über 600 Traumazentren der Initiative TraumaNetzwerk DGU bisher angelegt. 2018 waren es sechs Prozent weniger, 2019 sank die Aufnahmequote schon um 17 Prozent.

„Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, die wir unbedingt stoppen müssen. Auf der einen Seite gibt es die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Qualitätssicherung, auf der anderen Seite sind die rechtssicheren Voraussetzungen dafür in den Kliniken nicht gegeben“, macht DGU-Generalsekretär Prof. Dr. Dietmar Pennig auf das Problem aufmerksam. Der fehlende rechtssichere und gleichzeitig praktikable Umgang mit dem Datenschutz mache die Qualitätssicherung in allen Bereichen der Akut- und Notfallmedizin de facto unmöglich.

Daher kritisieren die DGU-Experten, dass es hierzulande keine umfassende gesetzliche Regelung zur Förderung von Akut-Registern gibt. „Unser Schwerverletztenregister gehört zur Daseinsfürsorge und verbessert stetig die Patientenversorgung. Mit einem Registergesetz wäre die Erlaubnis zur Datenverwendung gegeben“, erklärt Pennig.

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