Schwerpunktthema Reanimation stieß auf großes Interesse

(Bild: DRK RD Mittelhessen)Marburg (pm) – Im Uniklinikum Marburg fand am vergangenen Freitag und Samstag (17./18.01.2020) das 19. Mittelhessische Rettungsdienst-Symposium statt. Die zweitägige, überregionale Fortbildungsveranstaltung griff in Workshops und Vorträgen aktuelle notfallmedizinische Themen in Theorie und Praxis auf.

Der diesjährige Schwerpunkt lag auf der „Königsdisziplin“ der Notfallmedizin: der Reanimation.

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Bereits am Freitag fanden Workshops zu Themen wie Kinder-Reanimation oder e-CPR (extrakorporale, kardiopulmonale Reanimation) statt; in denen sich die Teilnehmenden praktisch fortbilden konnten. Weitere Workshops boten Simulationstrainings zu Telemedizin sowie interaktive Fallkonferenzen an. Zudem gab es Angebote zur Unfallchirurgie im Rettungsdienst und zur Stillung von Blutungen.

Wie fordernd das Management von Reanimationen für Einsatzteams sein kann, zeigten die Vorträge am Samstag auf. Insbesondere die Frage des Reanimationsabbruchs stellt Notfallsanitäter und Notärzte vor schwierige Entscheidungen. Die Referenten beleuchteten dies aus medizinischer, rechtlicher und ethischer Sicht. Dabei zeigte sich, dass nur für innerklinische Reanimationen Daten zur Einschätzung des Reanimationserfolgs vorliegen. Im präklinischen Bereich sind Notfallmediziner und Einsatzteams dagegen auf die Beurteilung der individuellen, im Einsatz ermittelbaren Patientendaten und ihr Erfahrungswissen angewiesen. Dr. Birgit Plöger stellte fest: „Wir brauchen weitere Forschung in diesem Bereich!“

Ethische Grundsätze, wie dem Menschen keinen Schaden zuzufügen, die Fürsorgepflicht, der Respekt vor Autonomie und Selbstbestimmung sowie die Gerechtigkeit allen Patienten gegenüber, sollten im Einsatz ebenfalls eine Rolle spielen, meint Dr. Steffen Grautoff, Oberarzt und Notfallmediziner aus Herford. Er plädierte dafür, dass Notfallmediziner im Reanimationsablauf Zeitfenster für notwendige Klärungen finden, während das Rettungsteam die Reanimation fortsetzt. Die Entscheidung zum Reanimationsabbruch sollte nach seiner Auffassung nicht der Notarzt allein treffen, sondern gemeinsam mit dem Team.

Auch andere Aspekte der Versorgung im Notfall kamen im Symposium zur Sprache. Gerade im ländlichen Raum mit langen Transportwegen werden neue Konzepte gebraucht, damit mehr lebenserhaltende Interventionen als bisher auch präklinisch möglich werden. Neue Möglichkeiten wie die extrakorporale Kreislaufunterstützung bei Wiederbelebungen und deren Einsatzmöglichkeiten und Einschränkungen bezüglich Zeit und örtlicher Vorhaltung wurden aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Als ein Beispiel wurde hier das Heidelberger Medical Intervention Car (MIC) vorgestellt, das im Rahmen eines Forschungsprojekts unterwegs ist.

Von einem anderen Ansatzpunkt zur Verbesserung von Notfallversorgungen wurde aus Wien berichtet. Dort hat man die Funktion des „Field Supervisor“ etabliert, der in Notfallsituationen vor Ort ist und zunächst einmal nur beobachtet. Im Nachgang des Einsatzes bespricht er mit dem Rettungsteam offen Probleme und Abläufe, um so die tägliche Versorgung zu verbessern.

Auch die Möglichkeiten der Telemedizin im Rettungsdienst wurden diskutiert. Ein solches System wird derzeit in den mittelhessischen Landkreisen erprobt. Sie macht es möglich, dass Patientendaten aus dem Einsatzfahrzeug 1:1 an einen Telenotarzt übermittelt werden. Er beurteilt die Werte und unterstützt damit das Einsatzteam bei zu treffenden Entscheidungen. Damit – so Referent Dr. Dennis Humburg – könnte perspektivisch die Zahl der Einsätze reduziert werden, bei denen der Notarzt zu nicht lebensbedrohlichen Situationen gerufen wird.

Unser Foto zeigt (von links): Mario Binsch (Kreisbrandinspektor Landkreis Gießen), Dr. Erich Wranze-Bielefeld (Ärztlicher Leiter der Landrkeise Marburg-Biedenkopf und Vogelsberg), Sven Holland (Kreisbrandinspektor Vogelsbergkreis), Kirsten Fründt (Landrätin Marburg-Biedenkopf), Marco Schulte Lünzum (Regionalvorstand JUH Mittelhessen), Markus Müller (Geschäftsführer DRK Rettungsdienst Mittelhessen), Dirk Rasch (Leiter der Notfallvorsorge Malteser Fulda), Stephan Grosch (Leiter Simulationszentrum), Lars Schäfer (Kreisbrandinspektor Marburg-Biedenkopf), Wilhelm Schier (im hessischen Sozialministerium ehemals zuständig für den Rettungsdienst), Andreas Jerrentrupp (Keuter des Zentrums für Notfallmedizin am Uniklinikum Marburg und Medizinischer Leiter beim DRK Rettungsdienst Mittelhessen)

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