Kniende Tätigkeit gefährlicher als angenommen

Berlin (idw/rd.de) – Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (dguv) hat jetzt eine Untersuchung vorgelegt, die belegt, dass Hocken mit Knie-Winkeln über 120 Grad Meniskus und Kniegelenk stärker beanspruchen als bislang gedacht. Zudem ist die Eigeneinschätzung in den untersuchten Berufsgruppen getrübt: Es wird weit häufiger im Hocken bzw. auf den Knien gearbeitet, als die Betroffenen es meinen. Auf den Gedanken, dass auch im Rettungsdienst viel auf den Knien gearbeitet wird, kamen die Forscher allerdings nicht.

Ob Fliesenleger, Installateur oder Dachdecker – in vielen Berufen wird regelmäßig auf Knien oder im Hocken gearbeitet. Dass kniebelastende Haltungen eigentlich immer mit starker oder gar extremer Beugung des Kniegelenks verbunden sind und damit das Kniegelenk stärker beanspruchen als bisher angenommen, belegt eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA). Den Aspekt der Kniebeugung und andere Einflussgrößen haben die Arbeitswissenschaftler des IFA in einer umfangreichen Studie zu Art und Umfang von Kniebelastungen systematisch untersucht.

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Knien, aber auch Hocken oder Kriechen am Arbeitsplatz sind Risikofaktoren für Verletzungen und Erkrankungen der Kniegelenke, wie Meniskusschäden oder Arthrose. Die Mechanismen, die im Knie zu solchen Schäden führen, sind kompliziert und von mehreren Faktoren beeinflusst. Bislang gab es vor allem Informationen zur täglichen Dauer kniebelastender Haltungen für typische berufliche Tätigkeiten. Das IFA geht mit seiner neuen Untersuchung weit darüber hinaus: Die Forscher liefern erstmals auch Messdaten zu Kniewinkeln, zur Symmetrie der Kniebelastung und zur täglichen Anzahl sowie zur Dynamik der Belastungsphasen.

“Große und extrem große Kniewinkel von 120 Grad und mehr sind bei Arbeiten in kniebelastenden Haltungen eher die Regel”, sagt Dr. Dirk Ditchen, Studienleiter im IFA. “Und je stärker die Beugung, desto größer kann zum Beispiel der Einfluss auf den Meniskus sein.” Diese Erkenntnis liefere einen wichtigen neuen Anhaltspunkt für die weitere Erforschung von Knieerkrankungen.

Aber auch andere Studienergebnisse des IFA können helfen, die Schädigungsmechanismen im Knie zu verstehen. Während die Kniewinkel für kniebelastende Tätigkeiten durchgängig hohe Werte erreichen, variieren die Zeitanteile solcher Tätigkeiten in den untersuchten Berufen stark, nämlich von 0 bis über 80 Prozent einer Tagesschicht. Gleiches gilt für die Zahl der Kniebelastungsphasen pro Arbeitsschicht und auch für die Art der Kniebelastungen, die von relativ statisch bis sehr dynamisch reichen. Schließlich konnte die Untersuchung zeigen, dass in den meisten Fällen ein Kniegelenk stärker belastet ist als das andere.

Der Rettungsdienst gehört nicht zu den untersuchten Berufsgruppen. Die Arbeit im Rettungsdienst wird eher mit Tätigkeiten in ungünstigen Körperhaltungen und mit der Bewertung der Belastungsdosis für die Wirbelsäule beim Heben und Tragen in Verbindung gebracht. Unbeachtet bleibt hierbei, dass zahlreiche Patienten auf dem Boden liegend angetroffen werden und die gesamte Erstversorgung in der Hocke und auf den Knien durchgeführt wird.

Interessant wäre demnach eine Untersuchung der Arbeitszeitanteile, die ein Rettungsassistent pro Schicht in hockender Position verrichten muss. Eine solche Untersuchung hätte Einfluss auf die Frage, ob eine Kniegelenksarthrose durch die Arbeit im Rettungsdienst begünstigt werden kann. Seit 2009 ist die Kniegelenksarthrose (Gonarthrose) in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen. Damit kann sie bei einer entsprechenden beruflichen Belastung durch Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung als Berufskrankheit anerkannt werden.

(Foto: Markus Brändli)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. komisch…. bei Handwerkern kennt man das schon länger ….lol

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  2. Im Handwerk wird geforscht und untersucht um Verschleiß und Berufserkrankungen zu verhindern bzw. abzuschwächen. Der RD ist und bleibt eine Konchenmühle!!
    Es besteht z.Z. bei den BG kein Interesse (Kosten) den Beruf unter realen Bedingungen zu bewerten. Sie würden sonst imense Summen für Rückenschäden etc. aufbringen müssen. Dann allerdings wäre evtl. auch der Anreiz das Personal besser auszustatten(Technik,Personal).
    Aber jeder ist austauschbar und verursacht doch nur Kosten..

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  3. Hat man auch schon an Erzieher in der Krippe untersucht? Ich arbeite seit 11 Jahren bei den Kleinsten und knie oder sitze mit angewinkelten Beinen täglich 4 Stunden. Habe jetzt Kniebeschwerden wie Schmerzen und Zysten.

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