Neues Tragensystem für den Rettungsdienst

Stryker-Powerload (Foto: RKiSH)Heide /Pinneberg (RKiSH) – In der Trainingshalle der Heider Rettungsdienst Akademie ist erstmalig in Europa ein neues Beladekonzept für Tragen in Rettungsdienstfahrzeugen vorgestellt worden. Das System soll in ausgewählten Rettungsdiensten eingesetzt werden.

Es handelt sich dabei um das so genannte PowerLoad-System der US-amerikanischen Firma Stryker, die auch die bisherigen Fahrtragen für die Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH) liefert. Neu an dem System ist, dass das Be- und Entladen der Trage ins und aus dem Fahrzeug heraus komplett ohne Muskelkraft erfolgt. Auch die Höhenverstellung der Trage geschieht auf Knopfdruck.

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Im Gegensatz dazu sind die bisher verwendeten Tragen („ Fahrtragen“) sind mechanisch verstellbare, multifunktionelle Liegen für den Patiententransport. Jeder Be- und Entladevorgang ins Fahrzeug erfordert bisher einen hohen Kraftaufwand. „Unsere Mitarbeiter sind – auch aufgrund ständig steigender Einsatzzahlen – einer sehr hohen körperlichen Belastung ausgesetzt“, erläutert Michael Reis, Geschäftsführer der RKiSH. „Bei teilweise zweistelligen Einsatzzahlen pro Schicht über zwölf oder 24 Stunden kommen nahezu 50 Hebe- und Senkvorgänge der Trage auf den Rücken der Mitarbeiter.“

Angela Hoyer, zuständig für Personalmanagement und Unternehmenskommunikation in der RKiSH, ergänzt: „Der Gesetzgeber spricht mittlerweile von Rente mit 67. Dies ist bei einer solchen körperlichen Beanspruchung täglich über mehrere Jahrzehnte hinweg kaum machbar. Einzelne Spitzenbelastungen werden sich nie vermeiden lassen. Wir brauchen jedoch eine Rückenentlastung für unsere Mitarbeiter hauptsächlich im Alltagsgeschäft.“

Aus diesem Grunde hat die RKiSH bereits vor einem Jahr nach längerer Planungs- und Entwicklungszeit einen ersten Prototyp in Dienst gestellt, der hausintern die Bezeichnung „Innovations-Rettungswagen“ trägt. Dieses Fahrzeug verfügt über einen Beladelift am Heck, der die Be- und Entlade­vorgänge der Trage deutlich rückenschonender ermöglicht. Doch die intensiven Praxiserprobungen im täglichen Rettungsdienst in fast ganz Schleswig-Holstein haben bei dem ersten Modell noch einige Nachteile ergeben.

„Beim ersten Prototyp benötigten wir immer noch sehr viel Platz rechts neben dem Fahrzeug, um den Lift zu bedienen. Das hat sich bei einigen Einsatzsituationen, zum Beispiel in engen Altstadtbereichen, als nachteilig herausgestellt“, berichtet Michael Reis. „Umso mehr freuen wir uns, dass wir zum ersten Rettungsdienst in ganz Europa gehören, bei dem dieses neue System vorgestellt wird. Das beweist, wie innovativ die RKiSH ist und welche herausragende Rolle unsere Rettungsdienst Akademie spielt“, betont Reis. Zur Präsentation waren daher mehrere Rettungsdienstbetreiber aus ganz Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen nach Heide gekommen.

Sobald das PowerLoad-System seine vorgeschriebenen Sicherheitstests bestanden hat, wird die Rettungsdienst Kooperation im Herbst einen weiteren Prototyp einsetzen. Reis: „Unser Ziel ist die mittelfristige Umrüstung aller Fahrzeuge auf ein Gesundheit schonendes Tragensystem. Wir betreiben aktiv ein Gesundheitsmanagementsystem im Unternehmen und möchten so zum Gesundheitsschutz unserer Mitarbeiter beitragen.“

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Das Ding ist keine “Trage” mehr, das ist eine “Fahre” . Entsprechend müssen für den Patiententransport in bestimmten Fällen (Treppenhaus, Wiese/Schotter usw. neue bzw. andere Transportmittel verwendet werden (z.B. Spineboard, Schaufeltrage etc.) Deren Handhabung ist dann aber auch nicht immer rückenfreundlich – und zudem oftmals unbequem für den Patienten.

    Auch eine Möglichkeit, besonders patientenschonend via Drehleiter mit Korbhalterung zu arbeiten, entfällt mit dieser “Fahre” bzw. der Patient muss von einer DL-tauglichen (DIN-)Trage auf die “Fahre” umgelagert werden.

    Ebenso entfällt eine gegenseitige Kompatibilität der Tragen bzw. Tragentische zwischen RTW und KTW, SEG-RTW, Notfall-KTW BUND, KatS-KTW4, älteren Reserve-RTW, Sanitätsdienst usw. Gerade diese Kompatibilität ist aber sehr nützlich, wenn z.B. ein Patient von einem KTW übernommen werden soll und dann nicht mehr umgelagert werden muss. Das trifft auch bei allen o.g. anderen Fahrzeugen zu, also z.B. auch beim MANV etc.

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  2. ?!

    Wie transportierst du denn Patienten bisher über die von dir genannten Hindernisse?

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  3. Meiner Meinung nach, ist das System echt Sinnvoll. Im täglichen Einsatz sind Wohnungen und Häuser sowieso jetzt schon für die “normalen” Fahrtragen zu eng. Daran wird sich nichts ändern. Aber die Belastung beim Heben und Verladen der Trage würden entfallen. Das wäre schon gut!
    Eine Kompatibilität der Tragensysteme finde ich nicht wichtig. Das kommt vielleicht ein paar mal im Jahr vor, wobei das Fahrzeug im Jahr über tausend Einsätze fährt. Ich finde eine Entlastung im täglichen Dienst wichtiger als eine Kompatibilität für sehr seltene Einsätze…

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  4. Schön, dass Ihr alle die Patienten und die Bequemlichkeit denkt. Aber denkst Du auch an Deinen Rücken? Wie oft am Tag holst Du eine Drehleiter oder musst einen Patienten liegend im Treppenhaus transportieren? Wie oft hingegen muss ich als RA die Trage hoch heben und mit Kraft einladen! Ich finde das super, da es uns die Arbeit ungmein erleichtern wird.

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  5. “Erstmalig”?!?! Die BF Frankfurt am Main benutzt diesen Tragentyp bereits seit einigen Jahren auf ihrem ITW! Außerdem kann diese Trage nicht komplett ohne Muskelkraft in den RTW verladen werden, da das Fahrgestell erst eingefahren werden muss um die Trage in den RTW schieben zu können, dabei muss ich sie ja schließlich festhalten.

    Ein nettes Spielzeug, aber ich denke das ist noch nicht das Optimum für den Rettungsdienst!

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  6. Die Trage selbst ist nicht wirklich neu, völlig neu hingegen ist das Beladesystem “PowerLoad”, mit der diese Trage ohne jegliche Muskelkraft im Fahrzeug be- und entladen werden kann.
    Bei youtube sind entsprechende Videos zu finden, das System funktioniert wirklich äußerst einfach und effektiv.

    Man fährt bei diesem System mit der (ohne Muskelkraft) höhenverstellbaren Fahrtrage (Modell PowerPro XT) ans Heck des Fahrzeugs. Die Trage arretiert automatisch an einem Schlittensystem, die Beine werden eingefahren (die Trage “hängt” frei), dann schiebt man die Trage (mit dem kleinen Finger) waagrecht ins Fahrzeug ein. Das System arretiert dann selbsttätig.

    Ich habe dieses System dort mehrfach ausprobieren dürfen, sowohl als Bediener, als auch als “Patient”.
    Ein Be- und Entladen der Trage einhändig und nur mit der Kraft des Zeigefinders ist möglich. Ebenso wie die Höhenverstellung der Trage. (Dies nur zur Verdeutlichung des Krauftaufwandes)

    Selbstverständlich ist dieses System nicht frei von Nachteilen, einige Einsatzsituationen werden eine Änderung der Vorgehensweise am Einsatzort erfordern. In Einzelfällen kann es auch zu erhöhten Kraftwauwendungen kommen.
    Ob mögliche Vorteile bei einer Vielzahl von Einsatzsituationen wenige Nachteile aufwiegen können, wird eine Praxiserprobung zeigen müssen.
    Ähnliche Vorbehalte gab es auch bei der Einführung der ersten Roll-In-Fahrtragen. Diese wurden anfangs ebenfalls stark kritisiert – heute wäre es undenkbar, nur mit einer DIN-Trage tagtäglich Notfallrettung und Krankentransport zu fahren.

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